Im ersten Teil der
Anfängertipps habe ich Euch erklärt, wie man zu richtig fokussierten Bildern kommt, und wie die
AF-Messfeldvorwahl zielführend benutzt wird. Aber was genau im Bild ist jetzt eigentlich scharf, wenn exakt auf das Motiv
fokussiert wird? Wenn der Autofokus korrekt auf das Motiv fokussiert hat, dann sollte auf jeden Fall der im
AF Messfeld
befindliche Teil des Bildes in perfekter Schärfe abgebildet sein. Bei Aufnahmen von Tieren sollte dies in der Regel das Auge sein.
Aber nicht nur das. Denn alles was auf der selben Ebene im Bild liegt, also vereinfacht gesagt alles, was auf derselben Parallelen zur Objektivlinse der Kamera liegt wie der fokussierte
Bereich, wird ebenso in perfekter Schärfe abgebildet. Alles was vor oder hinter dieser Ebene liegt, wird je nach verwendeter
Blendenöffnung und Brennweite mehr
oder weniger unscharf dargestellt. Nur auf der Schärfeebene selbst ist die Schärfe wirklich perfekt. Insbesondere bei der Fotografie
von kleinen Motiven mit großer Brennweite ist es daher in vielen Fällen äußerst wichtig, genau die Bereiche des Motivs, welche später auch scharf dargestellt werden
sollen, exakt in die Schärfeebene zu legen.
Bei diesem Bild erstreckt sich das Motiv weit über die Schärfeebene hinaus. Viele Teile des Motivs liegen also hinter oder vor der Schärfeebene und
werden somit nicht scharf dargestellt. Dies kann bewusst als gestalterisches Mittel eingesetzt werden, um nur bestimmte Abschnitte des Motivs hervorzuheben. In der
Schärfeebene dieses Bildes beispielsweise befinden sich nur der Kopf und Teile des hinteren Fühlers. Da die meisten Bereiche weit hinter der Schärfeebene liegen, würde man
selbst mit geschlossener Blende die Tiefenschärfe kaum soweit ausweiten können, das der gesamte Käfer im Bild genügend scharf wirkt, um das Bild beispielsweise
für Dokumentationszwecke verwenden zu können.
Um nun ein längliches Motiv, wie in den Beispielen die
Käfer, von vorne bis hinten scharf abzubilden, wird die Kamera und das
Objektiv so positioniert, dass
alle Teile des Motivs, die scharf abgebildet werden sollen, parallel zur Frontlinse des
Objektivs liegen, und fokussiert dann auf einen Bereich, der
scharf im Fokus liegen soll.
Hier wurde die Kamera so platziert, dass möglichst viel vom Käfer exakt in der Schärfeebene liegt. Alle relevanten Bereiche des Käfers haben also ziemlich genau
den selben Abststand zur Frontlinse des Objektivs, liegen also parallel zur Frontlinse. Durch die leicht zum Rücken des Käfers hin geneigte Perspektive,
war es hier sogar möglich, die Füße und unteren Beinsegmente des Käfers mit in die Schärfeebene zu bekommen. Bei diesem Bild wäre es durch Abblenden
zudem möglich gewesen, auch noch den dem Betrachter abgewandten Teil des Rückens ausreichend scharf abzubilden, da dieser der Schärfeebene recht nahe liegt.
Durch bewusstes Legen der Schärfeebene kann die Bildwirkung also erheblich verändert werden und ist somit in vielen Fällen
ein wichtiger Aspekt in der Bildgestaltung.
Woraus resultiert die Schärfeebene im Foto?
Wird mit einem
Objektiv auf einen bestimmten Punkt im Bild fokussiert, so wird die Linse so eingestellt, das
exakt dieser Punkt und alles das, was in einer durch den den Punkt laufenden gedachten Parallelen zur Objektivlinse liegt,
scharf auf dem Sensor dargestellt wird. Diese gedachte Parallele stellt die Schärfeebene dar. Alles was vor oder
hinter dieser Parallelen liegt, wird auf dem Sensor der Kamera nicht scharf abgebildet.
Alle Punkte, welche vor oder hinter dieser Schärfeebene liegen, werden auf dem Sensor nicht mehr als Punkt dargestellt, sondern
nehmen auf dem Sensor dann einen größeren Bereich ein, sie werden "zerstreut" und somit unscharf. Hier in der Grafik
wäre dies der rote Punkt, der auf dem Sensor, wie man sieht, einen deutlich größeren Bereich beansprucht, also kein "Punkt" mehr ist. Das Licht
des Punktes ausserhalb der Schärfeebene trifft also nicht gebündelt auf dem Sensor auf, wie im Beispiel das Licht des grünen Punktes, sondern in einem größeren
Zerstreuungskreis (roter Punkt).
Verschwenken der Kamera - ein häufiger Fehler
Ein häufig gemachter Fehler, welcher zu unscharfen Motiven im Bild führen kann, ist das Verschwenken der Kamera. Oft wird mit dem mittleren
AF Messfeld auf das gewünschte Motiv fokussiert und danach aus bildgestalterischen Gründen vor dem Auslösen die Kamera leicht nach
links oder rechts
verschwenkt, um das fokussierte Motiv nicht exakt mittig im Bild zu positionieren. Das Problem hierbei ist, dass damit auch die
Schärfeebene aus dem Motiv herausgeschwenkt wird. Bei geschlossener
Blende wird die
Schärfentiefe vielleicht noch ausreichen, damit
das Motiv immer noch genügend scharf abgebildet wird, bei
Offenblende aber mit Sicherheit nicht mehr. Das fokussierte Motiv liegt
dann nämlich nicht mehr in der Schärfeebene und wird unscharf dargestellt.
In der Grafik ist dieses Problem sehr gut zu erkennen. Links wird mit dem mittleren AF Feld auf das Motiv (blauer Punkt) scharfgestellt. Danach wird, wie auf
der rechten Seite zu sehen, die Kamera verschwenkt, um das Motiv nach dem Fokussieren weiter rechts im Bild anzuordnen. Beim Verschwenken
verlagert sich allerdings leider auch die Schärfeebene (die ja immer parallel zur Objektivlinse verläuft). Dadurch befindet das fokussierte Motiv
plötzlich nicht mehr in der Schärfeebene, sondern davor und wird somit unscharf dargestellt.
Um dies zu vermeiden, sollte also immer das AF-Feld genutzt werden, welches dem Motiv am nächsten liegt,
und die Kamera nach dem Fokussiervorgang möglichst nicht, bzw. wenn nicht anders möglich, nur sehr leicht verschwenkt werden.
Artikel erschienen am 29.10.2015