Die Gerüchteküche um die
Canon EOS R5 bzw. die
Canon EOS R6 brodelte ja schon sehr lange, und jetzt endlich sind sie da, die beiden neuen Modelle aus der R-Serie.
Die
Canon EOS R5 mit sage und schreibe 45 MP und die
Canon EOS R6 mit "nur" 20 MP Auflösung. Warum mich die
Canon EOS R6 dennoch etwas mehr interessiert als die
Canon EOS R5, dazu komme ich gleich. Mit den beiden vorherigen Modellen, der
Canon EOS RP und der
Canon EOS R, haben die beiden Neuen nicht mehr viel gemeinsam. Denn unter der "Haube" der beiden hat
sich viel getan, und viele an den beiden ersten R-Modellen geäußerten Kritikpunkte wurden behoben. Kommen wir zunächst einmal aber zu den technischen Daten der Canon EOS R6.
Technische Daten zur Canon EOS R6
In der
Canon EOS R6 arbeitet ein 20MP
APS-C CMOS Sensor mit Dual Pixel Technologie, die maximale Bildgröße beträgt 5472 x 3648 Pixel. Die Kamera verfügt über einen internen Bildstabilisator (IBIS), welcher um bis zu 8 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglicht, ohne das Verwacklungsunschärfen auftreten. Die bis zu 6072 Autofokus-Messfeldpostionen decken 100% des Bildes ab und können vielfältig
konfiguriert werden. Auch eine Gesichtserkennung, Augen-AF, sowie automatische Motiverkennung (welche in der Lage sein soll, selbst
Vögel zu erkennen) fehlen nicht. Der Arbeitsbereich des AF reicht von LW -6,5 bis 20. Der Kamera verwendet einen Phasen-AF auf Sensorebene (
Dual Pixel CMOS), wodurch die Fokusgeschwindgikeit deutlich schneller ist, als beispielsweise bei den meisten
Kompaktkameras, welche mit Kontrasterkennung arbeiten.
Standardmäßig liefert die Kamera eine ISO-Bereich von
ISO 100 bis
ISO 102400, welcher im unteren Empfindlichkeitsbereich auf ISO50 und im oberen Empfindlichkeitsbereich auf
ISO
204800 erweiterbar ist.
Verschlusszeiten von 1/8000 bis 30s Sekunden sind in den Automatiken möglich, im Bulb-Modus, welcher in der manuellen Belichtungssteuerung aktiviert werden kann, sind auch Belichtungszeiten über 30s hinaus realisierbar. Die Serienbildgeschwindigkeit von 12 Bildern pro Sekunde mit mechanischem Schlitzverschluss und 20 Bildern pro Sekunde mit elektronischem
Verschluss kann sich sehen lassen.
Für eine schnelle Verarbeitung dieser Bildmengen sorgt der Digic X Prozessor, so das bei einer Serienbildgeschwindigkeit von 20 Bildern pro Sekunde 1000 JPG bzw. 240
RAWs kontinuierlich aufgenommen werden können.
Die Abmessungen der Kamera betragen 138,4 × 97,5 × 88,4 mm und sie wiegt
598g ohne Batterien.
Weitere technische Daten könnt Ihr auf der
Canon Website zur R6 einsehen.
Der Autofokus der Canon EOS R6
Die
Canon EOS R6 verwendet zur Fokussierung einen
Dual Pixel Sensor. Es wird also direkt auf dem Bildsensor fokussiert und somit kein eigenes Autofokus-Modul mehr benötigt, wie
beispielsweise bei digitalen Spiegelreflexkameras. Somit entfallen auch weitestgehend Probleme wie Front- oder Backfokus, wie sie noch sehr häufig bei DSLRs auftraten und somit oft eine Justage der Kamera beim Service nötig war.
Da die
Canon EOS R6 auf dem Bildsensor fokussiert, können die
AF-Messfelder auch tatsächlich über das gesamte Bild gelegt werden. Fokussieren auf ein Motiv am
äußersten Bildrand ist also problemlos möglich. Ein nachträgliches "Verschwenken" der Kamera ist in solchen Situationen also nicht mehr nötig. Die Fülle an möglichen AF-Feld Positionen ist nahezu unbegrenzt,
Canon gibt bei ihr in der manuellen Messfeld-Vorwahl im Fotomodus 6.072 mögliche
AF-Messfeld Positionen an. Hier sollte man die Anzahl
im Menü etwas eingrenzen, einfach deshalb, da die Auswahl der Felder dann etwas schneller vonstatten geht.
Auch bei der Gesichtserkennung mit Augen-AF hat sich viel getan. Die
Canon EOS R6 erkennt jetzt auch problemlos Tieraugen. Und zwar nicht nur von
Hund und
Katze, sondern
auch Augen von weiteren Tieren, wie beispielsweise
Vögel. Zudem arbeitet der neue Augen-AF wohl äußerst schnell und präzise.
Die Konfigurationsmöglichkeiten des AF sind sehr vielfältig, so lassen sie AF-Zonen verwenden, bei welchen mehrere
AF-Messfelder zu Gruppen verknüpft werden, auf Wunsch kann eine
automatische Motiverkennung und Verfolgung ausgewählt werden. In bestimmten Situationen ist es nötig, den AF Punkt millimetergenau zu platzieren. Hierzu hat
Canon bei der
R6 jetzt den Spot-AF hinzugefügt, der ähnlich wie der Nadelspitzen-AF bei der
Nikon Z7 arbeitet, und nur einen Bruchteil der Größe eines normalen
AF Messfeldes für die Fokussierung
verwendet.
Auch was die kontinuierliche Scharfstellung (Servo-AF) anbelangt, hat sich einiges getan. Der Servo-AF ist jetzt noch merklich präziser als beispielsweise bei der
Canon EOS R oder der
Canon EOS RP, über welche ich ja ebenfalls schon geschrieben haben.
Die Bildqualität der Canon EOS R6
Zwar hat die Canon EOS R6 nur 20 MP, und damit sogar 4 Megapixel weniger Auflösung als die meisten 24MP
APS-C Einsteigerkameras, aber die Qualität Ihrer
Bilder ist mehr als überzeugend. Insbesondere mit einem sehr hohen Dynamikumfang und gutem Rauschverhalten kann die EOS R6 punkten. Und sind wir mal ehrlich, für die
meisten Verwendungszwecke sind 20MP mehr als ausreichend. Natürlich zoome ich mich gerne mal in die Bilder meiner
Nikon Z7 auf Pixelebene hinein, und es ist wirklich
begeisternd, was dort noch alles an feinsten Details zu erkennen ist. Aber für das Betrachten des Bildes als Gesamtwerk sind 45 MP, wie sie auch die Canon EOS
R5 hat, nicht
nötig. Bisher habe ich noch keine Aufnahme mit meiner
Nikon Z7 gemacht, wo ich die Auflösung von 45MP wirklich gebraucht hätte. Und ich denke, dies dürfte den meisten
Hobbyfotografen so gehen wie mir. Zudem haben hochauflösende Kameras einen großen Nachteil. Wenn man wie ich wirklich viel und zudem im RAW-Format fotografiert, sind die unglaublich großen Dateimengen eine große Last. Speicherkarten und
Festplatten füllen sich wirklich unglaublich schnell, auch für kurze Urlaubstrips sind ein Laptop und externe
Festplatten
Pflicht, um der Datenflut Herr zu werden. Die 20MP der Canon R6 sind da eine wahre Freude. Genug Pixel für so gut wie alle Einsatzzwecke als Hobbyfotograf, aber dennoch
relativ geringe Dateigrößen der einzelnen Bilder, welche somit wirklich gut handlebar sind.
Und durch die großen Pixel besticht die Kamera mit einem mächtigen Dynamikumfang und sehr guten High-ISO-Eigenschaften.
Fokus Bracketing bzw. Fokus Stacking mit der Canon EOS R6
Als begeisterter Makrofotograf interessiert mich bei den neueren Kameras auch immer, ob diese eine kamerainterne Funktion zur Aufnahme von Schärfereihen (
Fokus Bracketing)
haben. Bei einer Schärfereihe werden mehrere Bilder mit leicht verlagerter
Schärfeebene aufgenommen, und diese Bilder dann entweder in der Kamera oder später am
PC mittels
Bildbearbeitung zu einem Bild mit erweiterter
Schärfentiefe verrechnet (
Fokusstack). Viele neuere Kameras (DSLR wie
DSLM) sind mit einer solchen Funktion
ausgestattet, aber leider immer noch nicht alle. Für viele Naturfotografen ist die Möglichkeit, eine automatische Schärfenreihe aufzunehmen, mittlerweile ein
Kaufkriterium, oder bei fehlender Funktion an der Kamera ein Ausschlusskriterium für den Kauf der entsprechenden Kamera.
Gleich vorweg, die
Canon EOS R6 sowie auch die
Canon EOS R5 haben beide eine
Fokus-Bracketing Funktion. Und diese sind zudem sehr gut umgesetzt. Fokusreihen
können in extra angelegte Bildordner geschrieben werden, und während der Aufnahme ist auf dem Monitor die jeweils aktuelle Fokusposition im LiveBild zu
erkennen, so dass die Fokusreihe am exakt richtigen Punkt abgebrochen werden kann. Dies ist beispielsweise bei der
Nikon Z7 und der
Nikon Z6 nicht möglich, da hier während der
Fokus-Reihenaufnahmen kein Livebild angezeigt wird.
Insbesondere bei Pilzen und Insektenmakros kommen häufig Techniken wie Fokusstacking zum Einsatz. Mit der Canon EOS R6 ist dies
kein Problem, denn sie hat alles an Bord, was für automatische Schärfereihen nötig ist.
Und die Canon EOS R6 hat noch einen großen Vorteil zu den meisten Mitbewerbern, wenn es um die automatische Aufnahme von Schärfenreihen geht. Sie liest Ihren
Sensor extrem schnell aus, so dass es kaum zum gefürchteten Rolling Shutter-Effekt kommt, welcher Motive oft stark verzerrt darstellt. Besonders beim
Stacken von Bildern stört dies enorm und lässt die Stacking-Software schnell an Ihre Grenzen kommen. Oft können dann keine brauchbaren Bildergebnisse mehr berechnet werden. Bei absolut ruhigen Motiven kein
Problem, hier kommt es bei keinen Kameras zum Rolling-Shutter Effekt. Aber solche Situationen gibt es in der Natur leider nur selten. Mit der R6 ist dies alles aber kein
Problem mehr. Fürs
Fokus-Stacking ist sie zusammen mit der Canon EOS R5 eine der besten Kameras auf dem Markt.
Bedienung und Haptik der Canon EOS R6
Die R6 ist für mich von der Bedienung und Haptik her eine der besten Kameras auf dem Markt. Die wesentlichen Punkte sind für mich unter anderem die wirklich große Anzahl von
Bedienknöpfen, mit welcher die wichtigsten Funktionen sofort und somit extrem schnell angewählt werden können. Der Joystick sorgt für eine schnelle Wahl des gerade
benötigten Fokusmessfeldes, denn es gibt nichts Schlimmeres, als wenn das Fokusmessfeld erst nach mehreren Tastenkombinationen oder nur auf dem Touchscreen verlagert werden kann.
Und ein ganz großer Pluspunkt im Vergleich zu fast allen anderen vergleichbaren Kameras : Die Canon EOS R6 hat einen dreh- UND schwenkbaren Monitor. Ich mag einfach
nicht mehr darauf verzichten. Die nur neigbaren Monitore bringen dem Fotografen bei Hochformataufnahmen nämlich überhaupt gar nichts. Besonders bei bodennahen
Makros von
Pilzen
bringen dreh- und gleichzeitig schwenkbare Displays einen unglaublichen Mehrwert.
Gerade für bodennahe Aufnahmen im Hochformat gibt es nichts Praktischeres, als einen dreh- und neigbaren Monitor.
Auch ansonsten gibt es für mich nichts an der R6 zu bemängeln. Die Menüs sind wie von
Canon gewohnt übersichtlich gestaltet und intuitiv zu bedienen.
Videos an Canon EOS R6
Da ich so gut wie gar keine Videos aufnehme, außer vielleicht mal ein paar Minuten Familienaufnahmen im Jahr, sind mir die Videofähigkeiten der Kameras
relativ gleichgültig. Dennoch möchte ich hier erwähnen, dass es bei der R6 zu Problemen mit Überhitzung der Kamera kommen soll, insbesondere dann, wenn vor
einem Video noch viel fotografiert würde. Die Aufnahmezeit sei dann begrenzt und es sollen zum Teil wohl relativ lange Abkühlzeiten nötig sein, bis mit
der Videoaufnahme fortgefahren werden könne. Vor einem Kauf sollte man sich diesbezüglich vielleicht noch etwas weitergehend auf der
Canon Website oder auf
anderen Seiten umschauen.
Fazit :
Wer eine professionelle spiegellose
Vollformatkamera benötigt, die von der Bildqualität, den Autofokusfähigkeiten und der Haptik einfach erstklassig ist, der
dürfte mit der Canon EOS R6 glücklich werden. Mit einem Preis von derzeit
2630,00 € ist sie deutlich günstiger als Ihre große
Schwester, die
Canon EOS R5, deren größter Unterschied zur R6 die deutlich höhere Auflösung von 45MP ist. Wer sich für die R6 entscheidet, muss mit 20MP auskommen. Für die
meisten Fotografen sollte dies allerdings kein Problem darstellen, im Gegenteil, es könnte sich sogar als Vorteil herausstellen.
Nur für die Videofreunde kann ich an dieser Stelle noch keine klare Empfehlung geben. Hier gilt es, ausführliche Testberichte zur Kamera abzuwarten.
Artikel erschienen am 28.07.2020