Das
Canon MP-E 65mm ist ein ganz besonderes
Objektiv für den extremen Makrobereich und wohl mit keinem
anderen
Makroobjektiv direkt vergleichbar. Mit 710g ist es für ein
Makroobjektiv mit einer Brennweite von nur 65 Millimetern
recht schwer. Die Länge variiert von ca. 11-24 Zentimeter, je nachdem mit welchem Abbildungsmaßstab fotografiert werden soll.
Das
Objektiv beeinhaltet 10 Linsen in 8 Gruppen und besitzt eine Super Spectra Vergütung, um Blendenreflexe sowie Streulicht zu reduzieren.
Ein AF-Motor sowie ein Fokusring fehlen diesem Spezial-Objektiv völlig. Mit dem Drehring kann lediglich der
Abbildungsmaßstab verändert werden. Um problemlos auch Aufnahmen im Hochformat machen zu können, besitzt das
Objektiv eine
Stativschelle, in welcher es frei gedreht werden kann.
Das Canon MP-E 65mm f 1:2,8 1-5fach Lupenobjektiv ist ein Spezialmakroobjektiv für
Aufnahmen mit Abbildungsmaßstäben von 1:1 bis 5:1 und eher für fortgeschrittene Fotografen zu empfehlen, welche häufig im extremen Makrobereich
arbeiten.
Fokussieren mit dem Canon MP-E 65mm
Wie oben beschrieben, besitzt das
Canon MP-E 65mm Lupenobjektiv keinen Autofokusmotor. Es muss also manuell fokussiert werden. Aber
auch dies geschieht hier auf eine gänzlich andere Art und Weise als bei einem Standard-Makroobjektiv, denn einen Fokusring
besitzt das
Canon MP-E 65 ebenfalls nicht. Die Fokussierung wird alleine durch die Änderung des Abstandes zum Motiv vorgenommen. Da das
Canon MP-E nur
für den extremen Makrobereich konzipiert ist und die
Schärfentiefe in diesem Bereich oft weit unter einem Millimeter liegt, muss
zudem recht exakt fokussiert werden. Durch Verschieben des Stativs sind so exakte Fokussierungen nicht möglich, sondern nur das grobe
in den Schärfebereich Bringen des Motivs. Die Feinfokussierung sollte über einen
Makroschlitten erfolgen. Wer sich also
das
Canon MP-E 65 zulegen möchte, der sollte sich zusätzlich unbedingt gleich einen guten
Makroschlitten anschaffen. Denn nur
mit Hilfe eines
Makroschlittens kann die Entfernung zum Motiv (und somit die Fokussierung) wirklich millimetergenau vorgenommen werden.
Eine Bunstiftspitze bei einem Maßstab von 5:1 mit einer APS-C Kamera
in Verbindung mit dem Canon MP-E 65 Lupenobjektiv fotografiert. Hier ist deutlich
die enorme Vergrößerung zu erkennen. Die Bunstiftmine ist maximal 2mm im Durchmesser und füllt nahezu das gesamte Bild aus. Es handelt
sich hierbei nicht um einen Ausschnitt. Das Bild ist lediglich auf Webgröße verkleinert worden.
Das Fokussieren läuft also gänzlich anders ab, als bei einem normalem
Makroobjektiv. Motiv finden, Maßstab einstellen und die Kamera mit dem
auf einem
Makroschlitten montierten
Objektiv so platzieren, dass das Motiv in etwa in der Schärfe liegt. Dann wird über die Einstellschrauben am
Makroschlitten die Kamera-Objektiv-Kombination langsam vor oder zurückgefahren, bis die Schärfe punktgenau an der gewünschten Stelle liegt. Eine
Kamera mit Liveview ist hier von Vorteil, da
die Schärfeebene auf dem Monitor bei vergrößerter Ansicht deutlich besser zu erkennen ist als
durch den Sucher der Kamera.
Bildqualität und Auflösung
Die Bildqualität ist zumindest im Bereich bis zu einem Maßstab von 2:1 als sehr gut zu bezeichnen. Die Auflösung, welche das
Objektiv in diesem
Bereich liefert, ist enorm. Zu beachten ist, das im extremen Makrobereich sehr schnell Beugungsunschärfen auftreten. Bei einer zu stark geschlossenen
Blende wird dann schnell das gesamte Bild weich und detailarm. Um also wirklich detailreiche Bilder machen zu können, sollte die
Blende bis maximal 5,6 geschlossen werden. Wer mehr
Schärfentiefe benötigt, dem empfehele ich, bei unbewegten Motiven einen
Fokusstack anzufertigen. Dies bedeutet,
mehrere Aufnahmen mit leicht versetzter
Schärfeebene zu machen. Die Bilder werden dann später am PC zu einem Bild verrechnet. Hierfür eignet sich
beispielsweise das kostenlose Programm
Combine ZP. Wer etwas mehr Komfort erwartet, sollte sich das kostenpflichtige
Helicon Focus anschauen. Es liefert bei mir die besten Ergebnisse.
Das Bild zeigt eine Blattwespe (ca.6-7mm groß), welche in etwa mit einem Maßstab von 1,5:1 fotografiert wurde. Es wurden hier
mehrere Bilder mit verlagerter Schärfeebene bei Blende 5,6 gemacht und diese Bilder dann später am PC zu einem Bild verrechnet. Das oberste Bild zeigt das Originalbild,
alle andere Bilder sind 1:1 Ansichten (Auschnitte) aus dem Bild. Sogar einzelne Pollen sind auf dem Rücken der Blattwespe deutlich zu erkennen.
So gut das
Objektiv auch bis zu einem Maßstab von 2:1 sein mag, die Qualität lässt bei größeren Maßstäben recht schnell nach. Ob dies am
Objektiv selbst liegt,
oder ob es daran liegt, dass schon bei
Blenden unter 5,6 Beugungsunschärfen auftreten, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Wahrscheinlich ist eine Kombination
aus beidem das Problem. Bei Maßstäben größer als 3:1 empfiehlt es sich daher, eine größere
Blende zu wählen.
Blende 4 hat sich sich bei mir bewährt.
Handling und Qualität
Es wäre jetzt unfair, das komplizierte Handling des
Objektivs mit anderen
Makroobjektiven zu vergleichen, da das
Canon MP-E 65 einen
ganz anderen Makrobereich abdeckt als gewöhnliche
Makroobjektive. Ein Autofokus hätte bei diesen Maßstäben nämlich überhaupt keinen
Sinn, da die
Schärfentiefe so gering ist, dass ohnehin nur die manuelle Fokussierung zu korrekt fokussierten Aufnahmen führen würde.
Aber selbst das manuelle Fokussieren gestaltet sich bei diesem
Objektiv als recht umständlich, da auschliesslich über eine Distanzänderung
zum Motiv fokussiert werden kann. Da ich aber keine vergleichbaren
Objektive kenne, kann ich auch nicht beurteilen, ob es technisch
anders machbar gewesen wäre. Das Handling ist auf jeden Fall nicht unkompliziert und es erfordet einiges an Übung, mit diesem
Objektiv zu arbeiten.
Ansonsten ist das
Objektiv sehr wertig verarbeitet und macht einen soliden Eindruck. Der Verstellring für den Maßstab ist leichtgängig und
arbeitet sauber und gleichmäßig. Positiv zu erwähnen ist auch die Stativschelle, die bei
Makroobjektiven bei ähnlichen Brennweiten oft fehlt.
Fazit
Das
Canon MP-E 65mm f 1:2,8 1-5fach Lupenobjektiv ist hochwertig verarbeitet und liefert vor allem bei kleineren Maßstäben
gestochen scharfe und hochaufgelöste Aufnahmen. Die Arbeit mit dem
Objektiv ist allerdings etwas umständlich, und eher
etwas für Profis, welche häufig mit Maßstäben größer als 1:1 fotografieren. Mit
knapp unter 1000.- EUR ist das
Canon MP-E 65 zudem
ein verhältnismäßig teures
Objektiv.
Wer diese extremen Abbildungsmaßstäbe nicht
benötigt, ist mit einem "normalen" Makroobjekitv mit einem maximalen
Abbildungsmaßstab von 1:1, bspw. dem
Canon EF 50mm 2,5 Compact
Macro, besser
bedient, da dieses einen Autofokus hat und mit ca.
300.- EUR deutlich
günstiger zu haben ist. Bei einer Brennweite
von nur 50mm sind zudem auch im Makrobereich Freihandaufnahmen in vielen
Fällen problemlos möglich. Werden in seltenen Fällen dann doch einmal größere Abbildungsmaßstäbe benötigt, so lässt sich dieses
Objektiv übrigens wunderbar mit
Zwischenringen oder apochromatischen
Nahlinsen kombinieren.
Artikel erschienen am 17.11.2015