Die
Makrofotografie von Insekten und
Pilzen gehört neben der Fotografie von
Vögeln zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, wobei sich der Schwerpunkt meiner Arbeit in den letzten Jahren immer weiter in Richtung
Makrofotografie verschoben hat. Oft halte ich mich stundenlang an ein und demselben Motiv auf, um es in das für mich perfekte Licht zu
rücken. Hierbei verwende ich, je nachdem wieviel Gewicht ich dem Umfeld im Bild geben möchte, Brennweiten von 50mm bis 180mm. Brennweiten um die 100mm stellen hierbei einen guten Kompromiss dar und sind mit etwas Können sogar freihand verwendbar.
Canon hat nun im Frühjahr 2021 ein 100mm
Makroobjektiv für das RF System herausgebracht, das sozusagen das
Pendant des
Canon EF 100mm f2,8 darstellt. Warum ich mein EF 100mm (mit welchem ich immer sehr zufrieden war) verkauft habe und mir ein RF 100mm 2,8 L
Macro IS USM zulegen werde, dazu komme ich gleich. Zunächst kommen wir kurz zu den technischen Daten des
Objektivs, welche ihr natürlich auch auf der
Canon Website einsehen könnt.
Technische Daten zum Canon RF 100mm f2,8 L Macro IS USM
Das
Canon RF 100mm f2,8 L
Macro IS USM ist ein
Makroobjektiv mit einer festen Brennweite von 100mm und einer maximalen
Blendenöffnung von f2,8. Die kleinste einstellbare
Blende beträgt f32. Der optische Aufbau des
Objektivs besteht aus 17 Linsen, welche in 13 Gruppen aufgeteilt sind. Die Naheinstellgrenze liegt bei 26cm, hierbei erreicht das RF 100mm f2,8 einen maximalen Abbildungsmaßstab von
1,4:1. Der in das
Objektiv integrierte Bildstabilisator gleicht bis zu 5 Blendenstufen aus, bei einem Abbildungsmaßstab von 1:1 noch 2 Blendenstufen. In Kombination mit dem IBIS der
Canon EOS R5 können bis zu 8 Blendenstufen ausgeglichen werden. 9 Blendenlamellen sollen für ein angenehmes Bokeh und möglichst kreisrunde Unschärfekreise sorgen. Über einen SA-Kontrollring können die sphärischen Aberrationen verändert und somit das Bokeh angepasst werden.
Geliefert wird das
Canon RF 100mm f2,8 L
Macro IS USM mit einem Objektivdeckel, Rückdeckel, Streulichtblende und einer Objektivtasche. Eine Stativschelle ist als optionales Zubehör erhältlich
Das
Objektiv hat die Maße 81,5 x 148mm bei einem Gewicht von 730g. Der Filterdurchmesser beträgt 67mm. Es ist staub- und spritzwassergeschützt.
Der Autofokus des Canon RF 100mm f2,8 L Macro IS USM
Gleich vorweg, in der Regel verwende ich für die
Makrofotografie die manuelle Fokussierung in Verbindung mit der Bildschirmlupe an meiner
R5. Dennoch gibt es Situationen, wo ich den
Autofokus verwende. Dazu gehören beispielsweise Situationen, in welchen ich freihand fotografiere. Hier verwende ich nahezu ausnahmslos den AF im Servo-Modus, da ich nicht in der Lage wäre, das
Objektiv auch nur eine Sekunde auf der manuell eingestellten
Schärfeebene zu halten. Dies wiederum schafft der Autofokus der
Canon EOS R5 in Kombination mit dem
Canon RF 100mm f2,8 L
Macro IS USM problemlos und sehr treffsicher. Er hält die Schärfe trotz leichten Vor- und Zurückschwankens meinerseits in den allermeisten Situationen perfekt auf dem Motiv. Auch außerhalb des Makrobereich, bspw. bei
Portraits, arbeitet das RF 100mm
Makro sehr gut. Meines Erachtens sogar etwas besser als das über einen RF Adapter angeschlossene EF 100mm f2,8
Makro - vor allem aber schneller.
Die Bildqualität des Canon RF 100mm f2,8 L Macro IS USM
Gerade bei
Makroobjektiven kommt es auf die Abbildungsqualität an. Im Gegensatz zu Portraitaufnahmen möchte man bei
Makroaufnahmen jedes noch so kleinste Detail erkennen
können. Mit dem
Canon RF 100mm f2,8 L IS USM ist dies kein Problem, die Bildqualität ist sehr überzeugend. Auffallend ist die nahezu gleichbleibende Auflösung zum Bildrand hin, beim EF Pendant war dies nicht der Fall. In der Bildmitte liegt das RF in etwa gleich auf mit dem EF, was die Auflösung angeht, gefühlt ist hier sogar das alte EF einen "Hauch" schärfer. Ich habe hier allerdings keine Auflösungsmessungen durchgeführt, sondern nur visuell verglichen. Der Unterschied scheint - wenn er überhaupt vorhanden ist - aber nur marginal zu sein.
Das Canon RF 100mm f2,8 L IS USM bildet knackscharf ab, selbst zum Rand ist kaum
ein Schärfeabfall zu verzeichnen.
Bis
Blende f5,6 kann die Schärfe durch
Abblenden noch leicht gesteigert werden. Ab
Blende 8 aufwärts ist dann an der
Canon EOS R5 wieder ein leichter Schärfeabfall, vermutlich durch Beugungsunschärfe, zu verzeichnen.
Das
Canon RF 100mm überzeugt aber nicht nur in punkto Auflösung. Auch die Farbwiedergabe und das Kontrastverhalten sind exzellent. Farben werden sehr authentisch wiedergegeben, chromatische Aberrationen sind selbst in schwierigen Lichtsituationen kaum zu entdecken.
Fokusstacking mit dem Canon RF 100mm f2,8 L Macro IS USM
Auf das Thema
Fokusstacking möchte ich bei dem Canon RF 100mm f2,8 L Macro L IS USM noch einmal gesondert eingehen, denn ein auf Youtube
aufgetauchtes Video verunsichert gerade viele
Canon Fotografen. In diesem Video wird behauptet, dass das Canon 100mm f2,8 nur bedingt zum
Stacken geeignet ist, und sich im
abgeblendeten Modus wohl keine Schärfereihen aufnehmen lassen. Dieses Verhalten konnte ich mit meiner
R5 und meinem Canon RF 100mm f2,8 L Macro IS USM
nicht reproduzieren. Als mögliche Ursache für das Problem im Video sehe ich entweder einen Bedienfehler oder eine veraltete Firmware.
Fokus-Bracketing funktioniert mit dem Canon RF 100mm f2,8 L Macro L IS USM problemlos und zügig,
ohne Lücken in den Schärfeebene. Wird beim Stacken die Offenblende verwendet, so lässt sich der Hintergrund auch mit nur 100 Millimetern Brennweite problemlos weichzeichnen, wie bei diesem Bild einer Röhrigen Keule.
Das
Canon RF 100mm f2,8 L
Macro IS USM ist sehr gut geeignet, um Fotostacks anzufertigen. Es arbeitet perfekt mit der
Fokus-Bracketing Funktion der
Canon EOS R5 zusammen, auch beim größtmöglichen Abbildungsmaßstab gibt es keine Schärfelücken in den Fokusreihen. Bei
Offenblende und schnellen
Verschlusszeiten sind extrem schnelle
Stacks möglich, so
dass auch bei sich sporadisch bewegenden Motiven mit etwas Glück hochqualitative
Fokusstacks realisierbar sind.
Haptik, Handling und Extras des Canon RF 100mmm f2,8 L Macro IS USM
Das RF 100mm Macro ist sauber verarbeitet und fühlt sich sehr wertig an. Eine Besonderheit ist ein Kontrollring, mit welchem die sphärische Aberration angepasst und somit auch das Bokeh verändert
werden kann. Bei einer Anpassung leidet leider auch die Schärfe des fokussierten Bereichs deutlich. Einen Sinn ergibt diese Funktion schon alleine aus diesem Grund (für mich) nicht. Die reduzierte Schärfe durch den Einstellring wird teilweise sogar als Feature beworben und für die Portraitfotografie empfohlen. Nur leider sieht die entstandene Unschärfe nicht wirklich angenehm aus. Eine nachträgliche Weichzeichnung mittels
Bildbearbeitung ist dafür um Welten besser geeignet.
Der manuelle Fokusring arbeitet wie bei allen RF
Objektiven elektronisch und nicht, wie bei den alten EF
Objektiven, mechanisch. Meines Erachtens waren die mechanischen deutlich intuitiver und vor allem schneller bedienbar. Sicherlich ist dies aber auch Gewöhnungssache.
Die Streulichtblende ist deutlich kürzer als beim EF 100mm Pendant, bis jetzt konnte ich aber noch keine Nachteile dadurch feststellen, habe es aber auch noch nicht allzu lange
in Gebrauch, so dass ich hier in Kürze noch einmal ein kleines
Update bzgl. der Streulichtempfindlichkeit bringen werde.
Eine Stativschelle ist beim RF 100mm leider nicht im Lieferumfang enthalten, aber optional erhältlich. Leider zu einem - in meinen Augen - völlig überteuerten Preis.
Fazit
Das Canon RF 100mmm f2,8 L Macro IS USM liefert eine sehr gute Bildqualität. Hervorzuheben ist hier die sehr
gute Schärfe auch im Randbereich. Für den Makrofotografen
bietet es zudem einen überdurchschnittlich großen Abbildungsmaßstab von 1,4:1, somit muss bei Extremmakros erst merklich später zu
Nahlinsen oder anderen Hilfsmitteln gegriffen werden. Bis auf die in meinen Augen überflüssige Funktion zur Kontrolle der Sphärischen Aberration und der nicht im Lieferumfang enthaltenen Stativschelle gibt es nichts an dem
Objektiv zu bemängeln. Derzeit ist das Canon RF 100mmm f2,8 L Macro IS USM zu einem Preis von
1549.- EUR im Handel erhältlich. Wer noch das alte EF-Pendant sein Eigen nennt, muss
bei diesem Preis natürlich genau abwägen, ob sich ein Upgrade auf die RF Version lohnt. Wenn es aber auf Randschärfe und den Abbildungsmaßstab von 1,4:1 ankommt, ist das RF 100mm Macro unschlagbar, und es gibt keine Alternativen.
Artikel erschienen am 16.12.2021