Bei der Fotografie von scheuen, wildlebenden
Vögeln kommt es nicht nur gute Tarnung und viel Geduld an. Auch eine relativ lange Brennweite ist nötig. An
Vollformatkameras
sollten es schon 400mm, besser sogar 600mm sein.
Canon hat für das R-System gleich zwei neue
Objektive mit großer Brennweite auf den Markt gebracht, die beide sehr interessant
für
Vogelfotografen sein dürften. Das RF 600mm f11 IS STM und das
RF 800mm f11 IS STM. Auffällig an beiden
Objektiven ist eine fixe
Blende von f11 und die für eine vollformatfähige Brennweite extrem geringe Länge. Schon lange liebäugle ich mit einer 600mm Festbrennweite, allerdings mit dem
Canon EF 600mm f4 L IS USM. Ob das RF 600mm f11 IS STM für meine Bedürfnisse eventuell auch ausreichen könnte, oder ob es als Reisetele einen Platz in meiner Fototasche finden wird, dazu gleich mehr. Zunächst einmal kommen wir zu den technischen Daten, welche auch auf
der
Canon Website eingesehen werden können.
Technische Daten des Canon RF 600mm f11 IS STM
Das
Objektiv hat eine Brennweite von 600mm und ist mit einem R-Bajonett ausgestattet. Es kann also an allen
Canon EOS R Kameras (derzeit die
Canon EOS R,
RP,
R5 und
R6) verwendet werden, nicht aber an den Spiegelreflexkameras mit EF-Bajonett. Der optische Aufbau besteht aus 10 Linsen, welche in 7 Gruppen aufgeteilt sind. Es hat eine feste
Blende von f11 und keine Blendenlamellen. Der kürzeste Fokussierabstand des
Objektivs beträgt 4,5m, hiermit ist ein maximaler
Abbildungsmaßstab von 0,14 möglich. Um verwacklungsfreie Aufnahmen auch bei längeren
Verschlusszeiten zu ermöglichen, ist das RF 600 f11 mit einem
optischen 5-Stufen Bildstabilisator ausgestattet. Zum Fokussieren wird ein Steppermotor verwendet, welcher zügig und ruckelfrei fokussieren kann. Das
Objektiv ist mit einem 82mm Filtergewinde ausgestattet.
Die Abmessungen des RF 600mm f12 IS STM betragen 93 x 199,5mm im Transportmodus und 93mm x 269,5mm im Betriebsmodus, bei einem Gewicht von 930g.
Der Autofokus des Canon RF 600mm f11 IS STM
Obwohl das
Canon RF 600mm f11 IS STM mit einer festen
Blende von f11 ausgestattet ist, und somit dem AF-System der Kamera nur relativ wenig Licht zur Verfügung
steht, fokussieren sowohl die
R5 als auch die
R6 zügig genug, um selbst sich bewegende Motive mittels Servo Af im Fokus zu halten. Auch bei statischen Motiven
wird zuverlässig und sehr treffsicher fokussiert. Dass die AF Performance hier von Kamera zu Kamera verschieden ausfallen kann, sollte klar sein. Besonders bei den
aktuelle R-Modellen von
Canon, der
Canon EOS R5 und der
Canon EOS R6, hat sich viel im Bereich Autofokus getan - verglichen mit der
Canon EOS RP und der EOS R.
In Kombination mit der Canon EOS R5 fokussiert das RF 600mm f11 zielsicher und punktgenau aufs Auge - auch dank der Tieraugenerkennung der
Canon EOS R5, welche selbst die Augen von Vögeln erkennt.
Selbst für Videoaufnahmen ist das
Canon RF 600 f11 gut geeignet, denn es fokussiert dank des Steppermotors ruckelfrei und leise. Mit einer 600mm Brennweite eröffnen sich
dem Videografen also völlig neue Möglichkeiten, was das Filmen von scheuen Tieren angeht.
Auch in Verbindung mit einem 1,4x bzw. 2x Konverter arbeitet das
Objektiv unter guten Lichtbedingungen noch zügig und präzise.
Die Bildqualität des Canon RF 600mm f11 IS STM
An dieser Stelle fällt es mir etwas schwer, das Canon RF 600 mit anderen
Objektiven zu vergleichen. Durch die feste
Blende ist man relativ stark eingeschränkt, was die
Bildgestaltung angeht. Ich liebe es ,mit lichtstarken Optiken auch mal fast offenblendig bei bspw. f4.0 zu arbeiten, um das Motiv vor dem Hintergund noch etwas besser
freizustellen zu können. Zwar ist es mit einer Brennweite von 600mmm durch den schmalen Bildwinkel auch schon bei f11 möglich, das Motiv vom Hintergrund abzusetzen. Es würde mir
persönlich aber nicht ganz reichen. Hier fehlt mir eindeutig die Flexibilität.
Die Bildqualität selbst ist bei f11 gut und absolut brauchbar. Bei gutem Licht - wohlgemerkt. Denn bei nicht ganz optimalen Lichtverhältnissen muss ich recht früh damit
anfangen, die
ISO-Empfindlichkeit an der Kamera erhöhen, um auf ausreichend schnelle Verschlussgeschwindigkeiten zu kommen. So landet man ganz schnell bei
ISO-Empfindlichkeiten höher als ISO3200. Und betrachtet man bei derart hohen Werten die Bildqualität, so müssen, je nach verwendeter Kamera, schon deutliche Abstriche gemacht werden. Dies sollte man in die Beurteilung der Bildqualität unbedingt mit einbeziehen. Denn Situationen, wo mit
ISO 100-400 fotografiert werden kann, sind mit einer Lichtstärke von f11 extrem selten.
Vergleicht man mit ähnlichen Brennweiten, dann ist das RF 600 dem
Tamron 150-600 oder dem
Sigma 150-600 im direkten Vergleich bei gleicher Brennweite und
Blende 11 schon ein wenig überlegen. Aber auch nur dann. Zoomt man das Tamron etwas zurück auf 560mm und blendet nur auf f8 ab, so empfinde ich das Tamron als merklich "knackiger". Zudem
sind die Zooms deutlich flexibler. Falls sich das Motiv annähern sollte, so kann die Brennweite deutlich verringert werden. Bei schlechtem Licht hat man zudem die Option, etwas weiter aufzublenden, um so ausreichend kurze
Verschlusszeiten zu erreichen. Man ist also nicht gezwungen, astronomisch
hohe ISO-Empfindlichkeiten zu verwenden, wie beim RF 600.
Bei Verwendung eines 1,4x Konverters werden die Bilder etwas detailärmer, auch durch Beugungsunschärfen aufgrund
der kleinen Blende von f16. Dennoch ist das Bild gut brauchbar.
Ein Vorteil des RF 600ers wiederum ist die Möglichkeit,
das
Objektiv in Verbindung mit einem 1,4x und einem 2x Telekonverter zu verwenden. Hiermit können dann Brennweiten von 840mm bzw. 1200mm erreicht werden. Die Bildqualität würde ich bei gutem Licht sogar als brauchbar bezeichnen. Da bei der Verwendung von den Konvertern die Lichtstärke aber nochmals deutlich verringert wird, beim 1,4x Konverter auf
Blende 16 und beim 2x Konverter sogar auf f22, ist hier mit noch mehr Bildrauschen durch sehr
hohe ISO-Empfindlichkeiten zu rechnen. Zudem schlagen hier die
Beugungsunschärfen schon deutlich zu Buche, so das selbst bei perfektem Licht und niedrigen
ISO-Einstellungen Schärfeverluste zu erwarten sind.
Haptik, Handling des Canon RF 600mm f11 IS STM
Das RF 600 f11 liegt gut in der Hand und ist mit 930g für ein 600mm Tele sehr leicht. Freihandaufnahmen sind hiermit problemlos möglich, diese werden zusätzlich noch durch einen optischen Bildstabilisator unterstützt, welcher um bis zu 5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglicht.
Die Verarbeitung des RF600 ist sehr wertig. Für eine bessere Ausbalancierung auf dem Stativ hätte ich mir allerdings eine Stativschelle gewünscht, dies ermöglicht bspw. auch auf einem Videoneiger den schnellen Wechsel zwischen Hoch- und Querformataufnahmen.
Fazit
Die optische Leistung des Canon RF 600mm f11 IS STM ist gut. Das
Objektiv ist aber aufgrund der geringen Lichtstärke und festen
Blende relativ unflexibel
was den Anwendungsbereich anbelangt. Für die Fotografie unter idealen Lichtbedingungen ist es sehr gut geeignet und bei einem Preis von derzeit
778.- EUR fast für jedermann erschwinglich. Wer also günstig in die Wildtierfotografie
einsteigen und hauptsächlich unter guten Lichtbedingungen fotografieren möchte, der kann mit diesem
Objektiv knackscharfe, brillante Aufnahmen erstellen. Wer allerdings auch bei schlechtem
Wetter unterwegs ist, wird schnell an die Grenzen dieser Optik kommen.
Artikel erschienen am 25.11.2020