Seit 2007 ist mein
Kowa TSN-884
Prominar
Spektiv
nahezu immer dabei, wenn ich in der Natur unterwegs bin. Und auch jetzt nach knapp 15 Jahren bin ich immer noch
begeistert. Das
Kowa
gibt Farben extrem natürlich wieder, und selbst bei diesigen Luftverhältnissen liefert es ein kontrastreiches, brillantes Bild. Dies versetzt mich auch
unter schwierigsten Bedingungen in die Lage,
Vögel
selbst da noch sicher bestimmen zu können, wo andere Beobachter längst aufgeben müssen.
Nun hatte ich die Gelegenheit, den Nachfolger des
Kowa TSN-884
Prominar ausgiebig zu testen. Nicht nur am Design, sondern auch an einigen optischen Elementen im
Spektiv
wurden laut
Kowa
einige Verbesserungen vorgenommen.
Das Kowa
TSN-88S Prominar übernimmt das gelungene Design des großen Kowa
TSN-99S Prominar, in meinen Augen eine
deutliche Verbesserung zum Vorgänger, dem Kowa TSN-884
Prominar.
Auch wenn ich mit meinem alten
Kowa TSN-884
Prominar wunschlos glücklich bin und es nie wieder hergeben würde, war ich natürlich dennoch sehr gespannt, wie sehr sich die
Verbesserungen in der Praxis auswirken würden.
Kommen wir zunächst aber kurz zu den technischen Daten des
Spektivs
, welche auch auf der
Kowa Website
eingesehen werden können.
Technische Daten zum Kowa TSN-88S Prominar
Das
Kowa
TSN-88 Prominar gibt es in 2 Ausführungen, das
Kowa
TSN-88S mit Geradeinblick und das
Kowa
TSN-88A mit Winkeleinblick. Die Objektivlinse hat einen Durchmesser
von 88mm und ist aus purem Fluoritkristall gefertigt. Fluoritkristalle brechen das Licht im Gegensatz zu normalem Glas extrem gleichmäßig und sorgen somit für sehr detailreiche Abbildungen nahezu ohne Farbsäume (chromatische Aberrationen).
Die Naheinstellgrenze des
Kowa
TSN-88S liegt bei 5 Metern. Zur Fokussierung verwendet das
Kowa
TSN-88S einen Dual-Fokus-Mechanismus, mit jeweils einem Rad zur groben und einem Rad zu feinen Fokussierung. Eine fest integrierte dreh- und ausziehbare Streulichblende inklusive Visierhilfe soll Reflexe in schwierigen Lichtsituationen verhindern. Das
Spektiv
ist mit einem 95mm Filtergewinde ausgesattet.
Die Länge des
Spektivs
beträgt ohne aufgesetztes
Okular
ca. 326mm bei einem Gewicht von 1480g.
Die optische Qualität des Kowa TSN-88S Prominar
Die optische Qualität des
Kowa TSN-884
Prominar war schon überragend, so dass es außerordentlich gut für die
Digiskopie
geeignet war und natürlich auch immer noch ist. Beim
Nachfolgermodell, dem
Kowa
TSN-88S, sollen nun noch weitere Verbesserungen an den Vergütungen generell - insbesondere aber an den Prismen - vorgenommen worden sein. Hier war ich
sehr gespannt, ob sich dies in der Praxis überhaupt bemerkbar macht.
Zuerst habe ich das
Kowa
TSN-88S Prominar im Feld mit bloßem Auge in Verbindung mit dem neuen
Kowa TE-11 WZ
II Weitwinkelzoom getestet. Direkt daneben habe ich das
Kowa TSN-884
mit dem alten TE-11 WZ Weitwinkelokular aufgebaut. Beide Kombinationen liefern ein sauberes Bild nahezu ohne chromatische Aberrationen, nur am äußersten Bildrand bei dunklen Ästen gegen
hellen Himmel kann man evtl. minimalste Farbsäume erahnen. Und ich beziehe mich hier wirklich auf den äußersten Bildrand von geschätzt vielleicht den letzten 2% des Bildfeldes. Die Randschärfe ist bereits beim
Kowa TSN-884
enorm und scheint mir beim TSN-88S noch etwas besser zu sein. Ich kann mit bloßem Auge keinen Abfall der Schärfe hin zum Rand mehr feststellen. Insbesondere bei höheren Zoomstufen scheint mir das Bild des neuen TSN-88S mit dem neuen TE-11 WZ II noch etwas schärfer zu sein. Auffallend auch wieder im Vergleich zu
vielen anderen
Spektiven
, die kontrastreiche und brillante Abbildungsleistung bei diesiger Luft und die perfekte neutrale Farbwiedergabe.
Dann habe ich das
Spektiv
in Kombination mit dem TSN-PZ-Adapter getestet. Hierzu habe ich meine
Canon EOS R5
Vollformatkamera
verwendet. Da der TSN-PZ Adapter für
APS-C Kameras
gebaut wurde, muss die
R5
zuvor auf den 1.6x Crop Modus umgestellt werden, um einen dunklen Bildrand und Probleme bei der korrekten Belichtungsmessung zu verhindern. Die Ergebnisse
waren überwältigend, wenn man es nicht vorher wüsste, würde man kaum Unterschiede zu Aufnahmen feststellen, welche mit einem EF 600mm f4.0
Objektiv
entstanden sind. Nur auf den
Autofokus muss man bei dieser Kombination verzichten.
Mit dem Kowa TSN-PZ DSLR Adapter
lässt sich das Spektiv
wie ein manuelles Telezoom an Kameras mit APS-C
Sensor verwenden. Aber auch viele Vollformatkameras
bieten einen sogenannten Crop- oder APS-C-Modus, mit welchem der TSN-PZ Adapter ebenfalls perfekt funktioniert. Diese Aufnahme entstand mit der Canon EOS R5
. Um den TSN-PZ an die gewünschte Kameramarke zu adaptieren, benötigt man dann nur noch einen T2-Adapter auf das entsprechende Kamerabajonett.
Viele Vogelbeobachter werden sich sicherlich fragen, ob sich ein Umstieg vom alten
Kowa TSN-884
auf das neue TSN-88S lohnt. Ich denke, hier kommt es sehr auf
die individuellen Bedürfnisse an. Neben dem 88S gibt es ja auch noch das 99S, welches noch einmal etwas lichtstärker ist. Dafür allerdings auch schwerer. Die sonstige Bildqualität
ist bei dem 88S und dem 99S nahezu identisch. Mit meinen knapp 50 Jahren (und somit nicht mehr den allerjüngsten Augen), macht sich die höhere Lichtstärke beim Beobachten nicht mehr so bemerkbar. Den Unterschied zwischen dem 884 und dem 88S sehe ich aber schon. Vor allem bei höheren Zoomstufen mit dem neuen 11WZ II. Wem es auf das letzte bisschen
Bildqualität beim Beobachten ankommt, der macht mit einem Wechsel vom 884 auf das 88S auf jeden Fall nichts falsch. Wie immer gilt beim Kauf von
Spektiven
: Am besten probiert
man das gewünschte
Equipment
vorher einmal im Laden, oder noch besser in der Natur, aus.
Digiscoping
/ Phonescoping mit dem Smartoscope Vario Adapter
Unter Phonescoping bzw.
Digiscoping
versteht man die Fotografie mittels digitaler Kompaktkamera bzw. Smartphone durch das
Okular
des
Spektivs
. Es gibt hierbei
mehrere Möglichkeiten. Die einfachste Möglichkeit wäre, das Smartphone (oder Kamera) direkt vor das
Okular
zu halten und es so auszurichten und zu zentrieren, dass der
Bildkreis des
Spektivs
möglichst mittig auf den Sensor trifft. Um Vignettierungen (Randabschattungen) zu vermeiden, kann man zusätzlich mit dem Smartphone noch etwas in das Bild
hereinzoomen, bis keine Abschattungen mehr sichtbar sind. Diese Art des
Digiscoping
verlangt aber etwas Übung und nur allzu schnell verrutscht man mit dem Smartphone, und muss
es neu ausrichten.
Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Adaptern. Hier habe ich schon viele Adapter ausprobiert. Vielen war gemein, dass die Ausrichtung der Smartphones etwas mühselig war. Auch die Stabilität vieler Adapter ließ zu wünschen übrig. Beim Test des
Kowa
TSN-88S stand mir diesmal ein mir noch unbekannter Adapter zur Verfügung, der Smartoscope Vario Adapter.
So schnell wie mit dem Smartoscope Vario Adapter hatte ich mein Smartphone noch nie mit mit einem Spektiv
verbunden und
ausgerichtet.
Schon beim ersten Test aus dem Wohnzimmerfenster heraus, war ich begeistert, wie schnell sich das Smartphone mit dem Smartoscope Vario Adapter ausrichten ließ. In Sekunden
war mein Smartphone damit einsatzbereit, ohne zuvor die Bedienungsanleitung gelesen zu haben. Ganz intuitiv lässt sich das Smartphone damit vor dem
Okular
zentrieren.
Um den Adapter selbst mit dem
Okular
zu verbinden, gibt es gleich mehrere Möglichkeiten. Für Ornithologen, welche das
Spektiv
hauptsächlich zum Beobachten verwenden, und
nur gelegentlich die eine oder andere Aufnahme durchs Smnartphone machen, empfiehlt sich ein entsprechender Adapterring (KOWA TSN-AR11WZ). Mit diesem Adapterring kann
der Smartoscope Adapter ganz einfach mit dem Ring über die Augenmuschel des
Okulars
gestülpt werden.
Mit dem Kowa
TSN-AR11WZ Adapterring kann der Smartoscope Adapter blitzschnell auf das Okular
des Spektivs
gesetzt werden. Immer
wenn es schnell gehen muss, ist dies die ideale Lösung.
Für Vogelfreunde, welche Ihr
Spektiv
hauptsächlich für die Fotografie verwenden und die sich eine etwas festere Verbindung zum
Okular
wünschen, gibt es von Smartoscope
den UR-4 Universaladapterring. Über den Adapterring wird der Smartoscope Vario über die Augenmuschel des
Spektivs
gestülpt und danach mit 4 Stellschrauben
gesichert. Somit kann ein Abrutschen des Adapters vom
Okular
nahezu verhindert werden.
Wer übrigens den
Kowa
TSN-PA7
Digiscoping
Adapter für DSLR/DSLM und MFT- Kameras zuliegen hat, der kann auch über diesen Adapter den Smartoscope-Vario unter Zuhilfenahme eines
TSN-AR30 Adapterringes fest mit dem
Spektiv
verbinden.
Wer zusätzlich auch mit seiner DSLR oder Systemkamera durch sein Kowa
fotografiert, der besitzt vielleicht einen Kowa
TSN-PA7 Fotoadapter
. Auch
über diesen kann mit Hilfe eines kleinen Adapterringes (TSN-AR30) der Smartoscope Vario mit dem Okular
verbunden werden.
Egal auf welche Weise man den Smartoscope nun mit dem
Okular
verbindet, bei allen Methoden sitzt der Adapter ohne zu Wackeln am
Okular
. Wer allerdings über längere Strecken mit adaptiertem Smartoscope und Smartphone zu Fuß unterwegs ist, der sollte über die Verwendung einer der beiden festeren Verbindungsmöglichkeiten (UR-4 oder TSN-PA7) nachdenken. Denn bei diesen kann der Adapter nicht ohne Weiteres durch Äste etc. abgestriffen werden. Für alle anderen Situationen ist der Smartoscope Vario +
Kowa
TSN-AR11WZ die ideale Lösung. Ein Wechsel zwischen Beobachten und Fotografieren ist hiermit innerhalb von Sekunden möglich.
Kleiber
, fotografiert mit dem Huawei P40 Lite und dem Smartoscope Vario Adapter durch das Kowa
TSN-88S Prominar + 25-60x Zoom (TE-11WZ II).
Das mit dem sogenannten Phonescoping nicht nur Bilder in Dokuqualität möglich sind, beweisen zahlreiche Bilder im Netz. Auch das Bild des
Kleibers
ist mit dieser
Methode entstanden. Die resultierende Qualität hängt hierbei stark vom verwendeten
Spektiv
und der Smartphonekamera ab. Das
Kowa
TSN-88S bzw. das
Kowa
TSN-88A sind aufgrund
ihrer hervorragenden optischen Eigenschaften ideal für das Phonescoping geeignet. Und mit dem Smartoscope Vario wird die Adaptierung zum Kinderspiel.
Bedienung / Haptik des Kowa TSN-88S
Wie auch schon die Vorgänger, das
Kowa TSN-884
(Geradeinblick) und das
Kowa
TSN-883 (Winkeleinblick) so sind auch die aktuellen Modelle, das
Kowa
TSN-88S (Geradeinblick) und das
Kowa
TSN-88A (Winkeleinblick) sehr hochwertig verarbeitet. Der Dual-Fokus-Mechanismus erlaubt es dem Benutzer sowohl extrem schnell, als auch sehr präzise auf das Motiv zu fokussieren. Beide Fokusräder laufen gleichmäßig und sanft. Die fest integrierte Streulichtblende lässt sich leichtgäng ausziehen und ist mit einer Kimme und Korn ausgestattet, was die Motivfindung beim Beobachten merklich vereinfacht. Dem
Spektiv
liegt zusätzlich auch noch eine präzisere Zielvorrichtung bei, mit der man noch schneller beim Anvisieren
des Ziels ist. Auch dies funktioniert in der Praxis sehr gut.
Wie auch schon das
Kowa TSN-884
, so ist auch das
Kowa
TSN-88S mit einer Stativschelle ausgestattet. Dies ist genial, wenn das
Spektiv
auch zu Fotografie verwendet werden soll. Leicht gelöst, kann der
Fotograf
so schnell zwischen Hoch- und Querformat wechseln. Der Stativfuß hat gleich zwei Gewinde, so dass das
Spektiv
"verschwenksicher" auf entsprechenden
Stativplatten befestigt werden kann.
Aber auch am Design hat
Kowa
Einiges getan. Durch den gummierten Bereich im hinteren Bereich bei der Okulareinfassung wirkt es jetzt deutlich moderner als noch der Vorgänger.
Es ist eine Freude, mit dem
Kowa
TSN-88S in der Natur unterwegs zu sein.
Fazit :
Mit dem
Kowa
TSN-88S / TSN-88A ist
Kowa
mal wieder ein kleines Wunderwerk gelungen. Die optische Leistung ist extrem gut, im Zusammenspiel mit dem 25-60x
Okular
(TE-11WZ II) war für mich mit bloßem Auge keinerlei Schärfeabfall bis hin zum Rand zu erkennen. Farbsäume sind selbst unter extremem Beobachtungsbedingungen nicht zu erkennen, im äußersten Randbereich (ca. 2% des Bildkreises) vielleicht minimal zu erahnen. Nochmal eine Verbesserung zum Vorgänger, der in dieser Disziplin schon extrem gut abgeschnitten hat. Die neutrale Farbwiedergabe und ein extrem detailreiches Bild machen das
Kowa
TSN-88S / 88A für mich zu dem besten
Spektiv
, was ich bisher im Einsatz hatte.
Eine Vielzahl an optionalem Zubehör und Adaptierungsmöglichkeiten, wie bspw. mit dem Smartoscope Vario Smartphoneadapter, machen das
Spektiv
auch für
Digiscoper
und Fotografen interessant.
Derzeit ist der Grundkörper ohne
Okular
vom
Kowa
TSN-88A / 88S zu einem Preis von
2699.- EUR
im Handel erhältlich. Im Komplettset mit Standardokular (TE-11WZ II 25-60x) und somit sofort einsatzbereit liegt der Preis bei 3448 EUR. Aber Augen auf, derzeit (Stand 24.02.2023) ist es in einigen Shops günstiger, die Komponenten einzeln zu kaufen, als das Komplettset :-) . Wer oft im Dämmerlicht unterwegs ist, der sollte
sich unbedingt auch einmal den großen Bruder, das
Kowa
TSN-99A bzw. 99S, anschauen. Dies hat ebenfalls eine hervorragende optische Leistung, ist zudem lichtstärker, allerdings dafür auch etwas schwerer.
Artikel erschienen am 17.01.2021