Auch wenn es einem die meisten DSLR-Besitzer mit einer sauteuren
Ausrüstung immer
wieder nicht wirklich wahrhaben wollen - scharfe Bilder mittels
Digiskopie sind möglich.
Ich möchte sogar behaupten, dass die Schärfe vieler meiner
Digiskopie-Aufnahmen sogar die Schärfe der meisten
DSLR-Fotos übertrifft.
Durch die technische Betreuung einer Fotoagentur habe ich Zugang zu vielen Originaldateien von DSLRs zusammen
mit grossen Linsen wie z.B. 600mm/4.0 (welche um die 8000.- EUR kosten). Da bieten sich natürlich
Vergleiche zu meinen
Digiskopie-Aufnahmen förmlich an.
Und sehr oft fällt mir auf, dass meine
Digiscoping - Fotos oft mehr Details aufweisen, als die Bilder
der DSLRs mit eben diesen Profilinsen. Und das obwohl die Auflösung der DSLRs die Auflösung
meiner Kamera bei weitem übertrifft. Und das obwohl ich mit weitaus grösserer Brennweite fotografiere. Und
obwohl meine Optikkomponenten in keiner Weise aufeinander abgestimmt sind, geschweige denn ein
Spektiv
überhaupt zur Fotografie gedacht ist.
Aber erzählen Sie das mal einem DSLR-Möchtegern-Profi. Der steigt Ihnen aufs Dach. Besonders viele
Besitzer der Marke, die mit C anfängt, drehen da mal schnell vom Teller
Ich selber besitze auch eine DSLR und zwar eine
Canon EOS 10D, zur Zeit zusammen mit einem
Sigma 170-500 Zoom. Auch damit sind natürlich scharfe Fotos möglich - aber unter anderen Umständen, dazu komme
ich noch im Laufe des Artikels. Nun aber erst einmal zur Schärfe :
Ein Eisvogelmännchen.
Ansitzjäger, die lange ruhig
sitzen, sind problemlos scharf
abzulichten.
Man muss sich im Klaren sein, dass man bei der
Digiskopie mit enormen Brennweiten fotografiert.
Und da liegt auch schon das Hauptproblem der
Digiskopie. Vibriert das
Spektiv auch nur um Millimeter,
so wackelt das Bid im Display schon um mehrere Meter. Jeder noch so kleine Windhauch kann
einem so manches Foto vermiesen, wenn man kein stabiles Stativ besitzt.
Die Grundvorraussetzung bei der
Digiskopie ist also ein Stativ. Und nicht irgendein billiges Stativ für
100.- EUR, nein es sollte schon ein Profistativ sein und zudem möglichst tragfähig sein und ein möglichst
grosses Gewicht zulassen.
Bei stärkerem Wind sollte man dann auch schonmal in die Knie gehen, die Stativbeine völlig einfahren und
dann fast vom Boden fotografieren. Auch wenn es unbequem ist, der Effekt ist doch enorm. Und selbst wenn
ein
Vogel höher im Busch sitzt, braucht man sich Dank der grossen Brennweite nicht gleich Sorgen um
die Perspektive machen. Die wird sich, wenn der
Vogel nicht gerade oben im
Baum sitzt, kaum verändern.
Wie oft sieht man
Digiscoper mit sehr guten
Spektiven der Oberklasse und klapprigen Stativen
bei der Arbeit. Die Enttäuschung ist vorprogrammiert; Dies gilt natürlich ebenso für viele Fotografen, die
dann sogar meinen, ganz auf das Stativ verzichten zu können.
Als Stativkopf für die
Digiskopie sollte man einen möglichst stabilen Videoneiger verwenden. Alles andere
ist in meinen Augen Blödsinn. Mit einem Ballhead wird es viel länger dauern, bis Sie Ihr Motiv im
Sucher haben. Für die Ausrichtung in die Waagerechte tut es auch die Veränderung der Stativbeine oder eine
drehbar vor dem
Spektiv befestigte Kamera (meine Lösung).
Graugans
Aus 15m Entfernung den Kopf
formatfüllend fotografiert.
Mindestens genauso unerlässlich ist die Verwendung eines Fernauslösers. Da führt kein Weg daran vorbei. Ohne Fernauslöser zu fotografieren hat beim
Digiscoping meist nur verwackelte Aufnahmen zur Folge, denn
so stabil kann das Stativ gar nicht sein, dass ein Druck auf den Auslöser nicht auch zu Verwacklungen
führen würde. Sollte es partout nicht möglich sein, einen Fernauslöser zu benutzen, so haben die meisten Kamera
einen Selbstauslöser, welchen man dann, aber nur als absolute Notlösung, verwenden kann. Leider
werden in den Sekunden die der Selbstauslöser benötigt, die meisten Motive wieder aus
dem Bild verschwunden sein.
Graugans-Ausschnitt
Ein Auschnitt vom Graugans-
portrait siehe oben.
Das Stativ und der Selbstauslöser bzw. Fernauslöser sind zwar unabdingbare Vorraussetzungen für scharfe Fotos, aber das
eigentliche Fokussieren, also Scharfstellen auf das Motiv, ist um einiges schwieriger.
Hier kann man sich nicht nur auf die Technik verlassen, sondern es ist viel Gefühl und viel
Probieren gefragt, wie man nun das beste aus seiner
Ausrüstung herausholen kann.
Nachdem man also sein Motiv anvisiert hat, stellt man zunächst am
Spektiv so scharf, dass das Bild
am Monitor der Kamera scharf erscheint. Nun sucht man sich einen kontrastreichen Punkt im Gefieder des
Vogels
und drückt den Auslöser der Kamera halb durch. Die Kamera stellt nun nochmals auf das Motiv scharf. Und zwar meist
schärfer, als man es mit der Hand am
Spektiv schafft.
Erscheint einem das Monitorbild jetzt scharf, so kann man auslösen und das Bild aufnehmen. Sollten die
Ergebnisse nicht zufriedenstellend scharf sein, so kann man versuchen, das
Spektiv nicht exakt scharf zu stellen,
sondern ein wenig in die Ferne oder einen minimalen Tick in die Nähe zu fokussieren und dann den
Autofokus der Kamera den Feinabgleich zu machen. Die Ergebnisse sind oft unterschiedlich. Ich nehme
mal an, jede Kamera-Spektiv-Kombination hat da so Ihre perfekte Einstellung. Mit ganz viel Gefühl hat man diesen
Dreh nach einer Weile raus. Es empfiehlt sich dabei, die Kamera in der Makroeinstellung fokussieren zu lassen,
denn dort ist der Spielraum etwas grösser.
Will man Tiere in Bewegung digiscopieren, so stellt dies in den meisten Fällen ein grosses Problem dar,
da man nur selten auf die erforderlichen
Verschlusszeiten kommt.
Ausschnitt aus einer meiner
Neuntöteraufnahmen.
In diesem Fall kommt man nicht umhin, die
ISO-Einstellungen der Kamera zu erhöhen. Meist ist ISO400 nötig,
um auf die erforderlichen
Verschlusszeiten zu kommen. Leider hat dies bei den meisten
Kompaktkameras
eine enorme Erhöhung des Rauschens zu Folge. Und bei den Kameras, bei denen das nicht der Fall ist,
werden meist durch komplizierte Algorithmen zur Rauschverminderung auch Details aus dem Bild entfernt.
Hier muss ich sagen, dass ich mit der
Nikon Coolpix 5000 die besten Erfahrungen gemacht habe. Diese
Kamera hat einen grösseren Bildsensor als die meisten anderen Kameras dieser Klasse, und das wiederum
verringert ein wenig das Rauschen.
Das restliche Rauschen kann dann meist mit guten Bildverarbeitungsprogrammen entfernt werden. Und hier wiederum
geben sich viele "Digitalfotografen" nicht die erforderliche Mühe. Aber genau wie man seine guten analogen Filme
in ein gutes Labor geben sollte, so sollte man sich auch bei seinen mühevoll fotografierten digitalen Aufnahmen
ein gutes Digital-Labor gönnen und dieses auch beherrschen. Damit meine ich, man sollte schon eine vernünftige
Bildverarbeitungssoftware besitzen und diese auch bedienen können.
Es geht hier nicht um die Verfälschung der Bilddateien, sondern um die Optimierung - wie im analogen Labor.
Alles was nicht ins Bild gehört, sollte man entfernen, und dazu gehört auch unbedingt das Bildrauschen - denn das
hat man ja auch in der Natur nicht, wenn man durchs "Auge" schaut.
Sie sehen, es sind bei gutem Licht und höheren
ISO-Einstellungen also durchaus "bewegte" Motive fotografierbar, wenn
man hier auch schnell an die Grenzen des Digiscopig stösst.
Fischübergabe bei Eisvögeln
trotz Bewegung scharf,
dank ISO400
Als letzten Schritt bei der Erstellung scharfer Digsikopie-Aufnahmen kommt wohl die
Bildbearbeitung, die ich schon
kurz beim "Entrauschen" erwähnt habe. Grundsätzlich sollte alle
Digiskopie-Aufnahmen leicht nachgeschärft werden,
da sie im Original meist ein wenig "weich" erscheinen. Mit weich meine ich jetzt aber nicht "unscharf". Unscharfe
Bilder bekommen Sie auch mit guter
Bildbearbeitung nicht ansehnlich scharf.
Das Nachschärfen der Aufnahmen scheint für viele ein Problem darzustellen, uurteilt man nach den Bildern
die man im WEB so finden kann. Dabei ist es gar nicht so schwer, und es gibt viele Wege zu
einem guten Ergebnis zu kommen.
Ich mache es wie folgt :
Nachdem ich das Rauschen entfernt habe, schärfe ich ds Bild einmal kräftig nach. Die Einstellungen die ich dazu
verwende sind von Bild zu Bild verschieden.
Dann verkleinere ich das Bild "schrittweise" und schärfe zwischendurch immer mal leicht nach. Dies erhält die Details. m.E. am
besten beim Verkleinern.
Bei den Bildern, die ich hier im Web zeige, schärfe ich insgesamt 3mal. Einmal das Ausgangsbild, dann eine "Zwischenstufe"
und zuletzt das Bild in der gewünschten Endgrösse (im letzten Schritt ist schärfen schon manchmal nicht mehr nötig). Dies reicht
in den allermeisten Fällen aus, um das Bild auch fürs Web ausreichend scharf zu bekommen.
Will ich Bilder ausbelichten, so Schärfe ich meist 2mal. Einmal das Ausgangsbild und einmal eine leicht verkleinerte Version
des Ausgangsbildes. Ich schicke ein Bild erst dann zum Ausbelichten, wenn es auch auf dem Monitor ausreichend scharf
dargestellt wird. Und wenn ich es dafür erheblich verkleinern muss. Sagen wir mal so : Ich lasse lieber ein "scharfes" Bild
von kleineren Abmessungen ausbelichten, als ein softes Bild mit dafür grösserer Auflösung, denn das gibt auch ein softes
Ergebnis.
Man sollte nur darauf achten, dass die Endauflösung nicht kleiner als 180-200dpi liegt, denn dann wirds allmählich
"pixelig".
Ich hoffe, ich konnte mit Ihnen mit diesem Artikel ein wenig helfen, schärfere Bilder zu erreichen. Ach, fast hätt ichs vergessen,
ich habe ja versprochen noch etwas zu den DSLRs und dem Unterschied zu unserem
Digiscoping zu schrieben.
Mit beiden Methoden kann man natürlich herrlich scharfe Aufnahmen erreichen. Sagt Ihnen ein DSLR'ler, das mit
Digiscoping keine
vernünftigen Aufnahmen möglich sind, so lügt er. Entweder, weil er selber auf dem Gebiet versagt hat, oder weil er es selber noch nie
probiert hat. Das gleiche gilt für den umgekehrten Fall. Auch mit einer DSLR sind scharfe Bilder möglich. Aber - unter anderen Umständen.
Eine
Digiscoping Ausrüstung ist sehr "lichtschwach" trotzdem gelingen bei schlechtem Licht damit oft die besseren Aufnahmen. Gerade bei
bedecktem Himmel arbeitet der Fokus beim
Digiscoping meist genauer (wenn auch langsamer) und verfängt sich nicht in irgendwelchen Überstrahlungen
im Gefieder. Zudem haben wir beim Digiscoping-Equipment keinen Spiegel, der uns bei längeren
Verschlusszeiten das Bild verwackelt. Wir
drücken ab, und nichts rührt sich, während man bei einer DSLR dann schon die
Spiegelvorauslösung benutzen müsste, um verwacklungsfreie
Bilder zu erhalten. Meist ist man damit aber langsamer, so dass der Kopf des Motivs eventuell schon wieder aus der sehr geringen
Schärfeebene heraus ist. Das Problem haben wir beim
Digiscoping nicht. Auch nicht, wenn wir ebenso lange benötigen würden.. Dnn
Digiscoping
hat noch einen gravierenden Vorteil. Die
Tiefenschärfe ist grösser. Und zwar wesentlich. Und trotzdem wird aufgrund der höheren
Brennweiten der Hintergrund schön aufgelöst dargestellt. Die grössere
Tiefenschärfe begründet sich zu Teil darin, das wir mit
einem kleineren Chip arbeiten, und die meisten
Spektive eine
Arbeitsblende von 8-11 haben.
Ach, das wichtigste habe ich vergessen : Und
Digiscoper benutzen immer ein Stativ - geht ja auch nicht anders ;-)
In diesem Sinne
Happy D'scoping
Gerd Rossen
Artikel erschienen am 04.02.2007