In Fotocommunities, in welchen ich meine Bilder ebenfalls ausstelle, aber auch in Mails in Bezug auf diese Website
werde ich häufig gefragt, was eigentlich ein Spektiv
ist. Besonders dann, wenn ich die Entstehungsweise des Fotos beschreibe.
Nun, diese Frage ist eigentlich leicht zu beantworten. Im Grunde ist ein Spektiv nichts anderes als ein Beobachtungsfernrohr, welches hauptsächlich in der Naturbeobachtung aber
auch unter Sportschützen zum Ablesen der Treffer aus größerer Entfernung eingesetzt wird.
Spektive sind also eigentlich nichts anderes als "einäugige" Ferngläser, jedoch mit einer deutlich höheren Vergrösserung,
meist 20- bis 60-fach. Ferngläser hingegen haben meist nur eine Vergrößerung von 8fach oder 10fach. Mit Spektiven kann
man sein Beobachtungsziel also deutlich näher heranholen als mit einem Fernglas. Somit gelingen einem Beobachtungen
aus großer Entfernung, welche mit einem normalen Fernglas gar nicht mehr möglich wären.
Aus diesem Grund werden Spektive besonders von Ornithologen geschätzt, da es die Möglichkeit bietet, besonders
kleine
Vögel sehr stark zu vergrößern. Oft ergibt sich nur dann die Möglichkeit einer exakten Bestimmung der
Vogelart.
Sie sehen, Ferngläser und Spektive haben zwar einen ähnlichen Zweck, unterscheiden sich aber doch erheblich. Ein Fernglas
ist leicht um den Hals zu hängen oder in die Tasche zu stecken, und immer schnell zur Stelle, wenn man es braucht. Ein
Spektiv kann man in der Regel nur mit einem Stativ verwenden. Die Vergrösserungen sind einfach zu enorm, um das
Spektiv freihand ruhig genug halten zu können. Zudem wiegen die guten, lichtstarken Spektive deutlich mehr als
die meisten Ferngläser.
Fotografie durchs Spektiv
Ein Spektiv vergrössert enorm, warum dann also nicht das Spektiv zum Fotografieren verwenden. Dies dachten sich
auch viele Spektivhersteller und entwickelten
Photoadapter für Ihre Spektive. Auch wenn die Art der Fotografie
erst mit dem digitalen Zeitalter so richtig in Mode kam, gab es diese Adapter aber schon wesentlich länger. Diese
Art der Fotografie, ich nennen Sie mal
DSLR-Scoping oder SLR-Scoping, ist vergleichbar mit der Fotografie
durch ein manuelles Teleobjektiv mit fester, vom Spektiv und Adapter vorgegebener
Blende.
Heckenbraunelle. Fotografiert mit einer Nikon DSLR durch ein Kowa TSN-884 Spektiv. Bei dieser Methode wird manuell fokussiert, die Ergebnisse sind, wenn der Fokus sitzt, hervorragend.
Die Bildqualität, welche
mit Spektiv und
DSLR-Adapter möglich ist, wird häufig von vielen unterschätzt. Erst jetzt im Zeitalter des schnellen
Informationsaustausches hat es sich herumgesprochen, was so eine Kombination zu leisten im Stande ist.
Eine weitere Möglichkeit durch ein Spektiv zu fotografieren ist das
Digiscoping. Hier wird kein optischer Adapter benötigt. Theoretisch
genügt es, eine digitale Kompaktkamera vor das Okular des Spektivs zu halten und abzudrücken. Diese Art der Fotografie
ist eigentlich erst seit der Einführung der ersten digitalen
Kompaktkameras entstanden. Besonderheit an dieser Fotografie ist, dass
man am Spektiv eigentlich nur grob scharfzustellen braucht, der Autofokus der Kompaktkamera dann die Feinfokussierung übernimmt.
Es ist etwas leichter zu bewerkstelligen, als das manuelle Fokussieren mit den digitalen Spiegelreflexkameras. Die
Bildqualität ist auch hier teilweise überwältigend, je nachdem wie gut die Qualität des Spektivs und vor allem des
Okulars ist. Oft sind aber auch die kompakten
Digitalkameras der limitierende Faktor, denn diese haben häufig
ein starkes Bildrauschen, oder aber das fest integrierte
Objektiv ist nicht leistungsfähig genug.
Sie sehen also, mit einem Spektiv ist noch viel mehr möglich, als bloße Naturbeobachtung - nämlich hochwertige
Telefotografie.
Lesen Sie dazu mehr unter
Digiscoping oder
DSLR-Scoping oder aber auch
Scharfe Fotos durchs Spektiv, wenn Sie mit Ihren Aufnahmen bisher nicht zufrieden
sein sollten.
Welches Spektiv für welchen Zweck
Die Auswahl an Spektiven ist riesig. Von kleinen, mit einer Hand tragbaren, bis hin zu wahren Lichtriesen mit 100mm oder
mehr Objektivdurchmesser. Aber genauso riesig wie die Auswahl, ist auch die Qualitätsspanne der verschiedenen
Spektive. Ich selber hatte mir mal ein Billigprodukt für 150.- EUR besorgt. Es war einfach katastrophal.
Bildschärfe
hatte es wenn überhaupt dann nur in der Bildmitte. Beim Hindurchschauen hatte man den Eindruck, auf eine schwarze Wand mit
einem klitzkleinen Bildkreis in der Mitte zu schauen. Die Augenmuschel drückte unangenhem auf die Augenlieder. Alles in
allem eine Katastrophe.
Mein erster Tipp also : Hände weg von Billigspektiven. Die Herstellung von guten Linsen ist aufwändig, und somit haben
vernünftige Spektive Ihren Preis. Lieber ein gutes Spektiv, welches auch zum Einsatz kommt, als ein Billiggerät, welches
zwar das Portemonnaie schont, aber nur zu Hause im Schrank herumliegt. Mit
Swarovski, Zeiss, Leica oder
Kowa machen Sie sicherlich nichts verkehrt.
Kowa beispielsweise hat mit seinem neuen 88mm Spektiv
Prominar TSN-884
ein absolutes Spitzenprodukt auf den Markt gebracht, was seinesgleichen sucht, ich selber habe es ausgiebig testen können, wie
Sie auch in den Galerien sehen können. Mit
Swarovski habe ich ebenso jahrelang beobachtet und fotografiert. Ebenfalls ein Traum.
Aber was brauchen Sie jetzt wirklich? Für die Naturbeobachtung im Hobbybereich braucht man sicherlich nicht einen der
Lichtriesen kaufen. Hierbieten sich kleinere Spektive mit 60-70mm Objektivdurchmesser an. Sie sind schön leicht, um einiges
günstiger als die Lichtriesen und bilden trotzdem sauber ab. Ideal für längere Wanderstrecken, leicht im Rucksack zu
verstauen. Für die Fotografie durchs Spektiv allerdings weniger geeignet.
Meist gibt es diese Spektive einmal in einer optisch hochwertig vergüteten Version und einmal ohne diese Vergütung.
Der Preisunterschied ist enorm. Die Bildqualität meist bei beiden Varianten sehr gut. Probleme mit Farbrändern und
dem Kontrast gibt es allerdings bei den weniger vergüteten Spektiven in Gegenlichtsituationen. Hier kann eine
Vergütung über Erkennen oder NICHT Erkennen bestimmen.
Für fortgeschrittene Birdwatcher empfehlen sich die Lichtriesen oder die Zwischenstufen, die beispielsweise
Leica oder
Kowa mit Ihren 77er Spektiven. Diese sind recht lichtstark, und bei
Kowa zudem preislich sehr attraktiv. Für
viele sicherlich der ideale Kompromiss.
Für professionelle Birdwatcher oder aber Menschen, welche auch durch das Spektiv fotografieren möchten, eignen sich
am besten die Lichtriesen. Das
Swarovski 80 (80mm Objektivdurchmesser), das
Kowa TSN-884 (88mm Objektivdurchmesser) oder
aber auch das
Zeiss Diascope 85. Diese am besten in der optisch hochwertig korrigierten Version. Mit einem hellen
glasklaren Bild wird man belohnt.
Möchte man Zoomokulare verwenden (in den meisten Fällen 20-60fache Vergrösserung), so sollte man bedenken, dass die
Zoomobjektive in der Abbildungsleistung etwas schwächer sind, als die Festbrennweiten. Besonders bei hohen
Vergrösserungen nahe 60fach werden die Bilder häufig kontrastarm. Das 20-60x
Kowa Okular scheint da eine
positive Ausnahme darzustellen. Es lieferte bei mir zumindest den besten Kontrast, und auch bei höchster Vergrösserung kann man
alles klar und deutlich erkennen.
Bleibt vielleicht noch eine Frage offen. Spektive gibt es meist in zwei Versionen. Der Version mit Geradeinblick und einer Version
mit Schrägeinblick. Zum Beobachten ist ischerlich die Version mit Schrägeinblick vorteilhafter. Hier sitzt das Okular
in einem meist 45° Winkel nach oben am Spektiv. Dies vereinfacht die Beobachtung deutlich, man braucht die
Staivbeine nicht so weit herausfahren, da man nach unten schaut aufs Okular schaut. Allerdings wird die Zielsuche
meist etwas schwieriger. Beim Fotografieren möchte ich die Spektive mit Geradeinblick nicht missen. Hier habe ich
am schnellsten mein Motiv im Sucher. Es gibt einem eher das Gefühl, mit einem Teleobjektiv zu arbeiten. Aber sicherlich
ist auch dies Gewöhnungssache.
Letztendlich liegt die Entscheidung bei Ihnen. Was soll das Spektiv leisten, was wollen Sie ausgeben. Hat man aber einmal durch
einen der hochvergüteten Lichtriesen geschaut, gibt man sich wahrscheinlich mit nichts geringerem mehr ab :-)
Gerd Rossen
Artikel erschienen am 01.05.2010