Aufgrund der enorm vielen Anfragen, ob ich schon mal mit dem neuen Tamron 150-600mm f5-6,3 Di VC USD gearbeitet habe, habe ich mich
entschlossen, das Telezoom-Objektiv für Euch auszuprobieren. Normalerweise arbeite ich im Telebereich mit einem alten, sehr lichtstarken
Canon
EF 400mm f2,8 L IS USM, welches ich häufig auch noch mit dem
Canon
1,4x Extender kombiniere, um auf Brennweiten von ca. 560mm
zu kommen. Also eine ähnliche Brennweite wie sie auch das Tamron 150-600mm am langen Ende liefert. Allerdings habe ich das Tamron mit
Nikon-Anschluss zur Verfügung, trotzdem werde ich hier ab und an die beiden auch mal ein wenig vergleichen.
Kommen wir erst einmal zu den technischen Daten, welche Sie auch der
Tamron-Website 
entnehmen können. Das Tamron 150-600 f5-6,3 Di VC USD
enthält 20 Linsen in 13 Gruppen. Es wiegt mit 1951g deutlich weniger als die lichtstarken Festbrennweiten. Mit 9 Blendenlamellen soll
es ein wunderschönes Bokeh (unscharfer Bereich) liefern. Das Tamron hat einen eingebauten Bildstabilisator. Für die Fokussierung sorgt ein sehr leiser und schneller
Ultraschallmotor.
Autofokus
Das
Objektiv
habe ich an einer
Nikon D5500
ausprobiert. Bedenkt, dass die Autofokusleistung vom
Objektiv
und der Kamera
abhängt. Mit anderen Kameras kann es also zu deutlich anderen Ergebnissen kommen.
Beim Ansitz
auf den Eisvogel
lagen viele meiner Aufnahmen, was den Fokus angeht, leicht daneben. Meist hinter dem
Motiv. Erst durch Abblenden
auf Blende
11, wie bei diesem Bild, war dann auch das fokussierte Auge wirklich im Schärfebereich.
Leider gab es bei mir mit der Kombi
Nikon D5500
und Tamron 150-600 leichte Probleme. Besonders bei
Offenblende
fiel auf, dass der
Fokus nicht immer ganz exakt saß, sondern meist hinter dem Motiv lag. Durch
Abblenden
auf
Blende
11 konnte man diesen
Fokusfehler jedoch kompensieren. Da ich mit der
Nikon D5500
(habe mehrere getestet) jedoch gelegentlich unter wechselnden Lichtbedingungen
Fokusprobleme hatte, vermute ich, dass es weniger am Tamron als vielmehr an der Kamera lag.Mit 100%iger Sicherheit kann ich es natürlich erst sagen, wenn
ich das
Objektiv
auch an anderen Kameras getestet habe.
Probleme gab es leider auch, wenn ich den AF-C aktiviert hatte. Hier wurde die Trefferquote deutlich verringert. Bei statischen
aber auch bei Bewegtmotiven waren deutlich weniger Bilder scharf, als wenn ich den Single-AF (AF-S) verwendet habe. ich werde den
Fokus des
Objektivs
auf jeden Fall nochmal mit einer anderen Kamera testen, und diesen Bericht dann dementsprechend ergänzen. Ich
vermute derzeit wirklich, dass das Problem eher ein Kameraproblem als ein Objektivproblem ist.
Bei der Geschwindigkeit des Fokus gab es nichts zu bemängeln. Der AF im Zusammenspiel mit der
Nikon D5500
ist einfach nur sauschnell,
wenn ich es mit meinem 400er 2,8 von
Canon
vergleiche. Daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Man drückt den
Auslöser halb durch und schon ist das Motiv fokussiert. Und das auch bei voller Brennweite.
Bildqualität und Auflösung
Anfangs war ich sehr begeistert vom Tamron 150-600. Es waren schon bei um 1 Stufe bis 2 Stufen abgeblendetem
Objektiv
brauchbare
Bilder dabei - und das bei vollen 600mm. Und bei 500mm lieferte das Tamron sogar schon bei
Offenblende
sehr gut brauchbare Bilder ab,
abgeblendet
lieferte es in
diesem Bereich sogar eine herausragende Qualität.
Diese Goldammer
ist freihand bei 1/1000s bei 600mm fotografiert. ich habe hier um
2 Stufen abgeblendet
, da dies am Tamron bei vollem Zoom (600mm) einen merklichen Zugewinn an Bildschärfe
bringt. Wenn der
Fokus sitzt (das tat er zusammen mit der Nikon D5500
leider nicht immer), sind die Ergebnisse absolut überzeugend.
Bei 600mm habe ich, bei etwas voluminöseren Motiven wie dem
Eisvögel
und auch wenn das Motiv sehr nah war, und somit die
Schärfentiefe
sehr gering ausfällt, häufig auch auf bis zu
Blende
11
abgeblendet
. So bekommt man einen Großteil des Motivs scharf,
während man bei Offenbelnde in diesem Fall noch nicht einmal das komplette Auge in voller Schärfe abbilden könnte. Allerdings macht
sich bei
Blende
11 bei den
APS-C
bzw. DX-Sensoren schon eine leichte Beugungsunschärfe bemerkbar.
Die Detailauflösung beim Tamron ist bis 500mm absolut überzeugend, und kommt abgeblendet
sogar an meine Canon EOS 600D
+ EF 400mm L IS USM + 1,4x Konverter Kombi heran, beziehungsweise übertrifft diese sogar. Bei 600mm, wie bei diesem Eisvogel
, muss man
allerdings schon deutlich abblenden
, um eine überzeugende Qualität zu erreichen.
Auch wenn viele Ergebnisse absolut überzeugend waren, so war die Ausbeute an knackscharfen Bildern relativ gering. Wie gesagt, ich
vermute hier Probleme entweder mit dem Fokus, oder aber auch dem Spiegelschlag der
D5500
. Im Erfahrungsbericht zur
D5500
hatte
ich ja bereits geschrieben, dass ich auch mit dem 105er Micro Nikkor von
Nikon
einige Probleme hatte,
scharfe Bilder
zu erhalten, da
dort der Spiegelschlag deutlich erkennbar für Verwacklungen im Bild gesorgt hat.
Chromatische Aberrationen und Fabfehler sind in keinen meiner Testbilder sichtbar gewesen. Allerdings habe ich in
Capture NX-D
auch
die automatische Korrektur der Farbquerfehler standardmäßig aktiviert gelassen. Falls da tatsächlich irgendwelche chromatischen
Aberrationen in den Aufnahmen gewesen sein sollen, konnten Sie von der Software perfekt herausgerechnet werden und waren nicht sichtbar. Und das ist
für mich relevant. In dieser Disziplin ist mein Tamron also auch absolut herausragend.
Handling
Wenn man wie ich häufig mit knapp 5 1/2 kg schweren
Canon
EF 400mm 2,8 L IS USM unterwegs ist, so ist es einen Wohltat mit
dem leichten Tamron 150-600 zu fotografieren. Freihandaufnahmen sind mit dem
Canon
eine Herausforderung und ein
perfektes Muskeltraining. Aber Spass bringt es nicht wirklich. Mit dem Tamron 150-600, welches nur knapp 2kg wiegt, bringt die
Freihandfotografie wieder richtig Spass. Man ist deutlich schneller. Eh man beispielsweise das 400 2,8er erst einmakl am Auge und das Motiv
gefunden und fokussiert hat, vergehen schonmal einige Sekunden. Mit dem Tamron 150-600 geht es rasend schnell.
Auch der Autofokus des Tamron ist im Vergleich zum 400 2,8er (habe noch die 1er Version) von
Canon
extrem schnell. Mein
Canon
EF 400 2,8er kommt da nicht mal annähernd heran.
Wäre ich in dieser Situation mit meiner 400mm Festbrennweite und Konverter unterwegs gewesen, so wäre mir
diese Aufnahme ganz einfach nicht möglich gewesen. Eigentlich wollte ich nämlich Goldammern
fotografieren, als direkt vor mir
dieser Fasanenhahn auftauchte. So nah, dass ich auf 150mm zurückzoomen musste , um ihn perfekt ins Bild zu bekommen.
Mit Festbrennweite hätte ich alt ausgesehen.
Der größte Vorteil des 150-600ers gegenüber Festbrennweiten ist die Flexibilität. Wie oft kam ich mit meiner Festbrennweite
schon in die Situation, dass sich das Motiv einfach zu sehr näherte, und keine Aufnahme mehr möglich war. Nachdem ich jetzt
mit dem 150-600er von Tamron unterwegs war, möchte ich das 400er gar nicht mehr in die Hand nehmen. Wieviele Aufnahmen
konnte ich jetzt nebenbei machen, wo unvorhergesehene Dinge passierten, die eine Änderung der Brennweite nötig gemacht hätten.
Wo ich eben noch das Weibchen mit 600mm formatfüllend portraitierte, findet plötzlich eine Fischübergabe statt. Ohne Zoom wäre ich aufgeschmissen gewesen.
Die Fischübergabe der
Eisvögel
war keineswegs geplant. Eigentlich war die aktive Balzphase der
Eisvögel
schon vorbei und ich wollte
einige
Portraits
des Eisvogelweibchens machen. Das Zelt war genau für diese Entfernung bei 600mm Brennweite platziert. Als
plötzlich das Männchen mit einem
Fisch
kam und diesem dem Weibchen übergab. Das ganze ging richtig schnell. Aber es war noch
Zeit genug, denn Zoom dementsprechend zurück zu zoomen. Mit einer Festbrennweite wäre ich hier aufgeschmissen. Ich hätte vielleicht
noch den Konverter entfernen können. Dies hätte dann jedoch viel zu viel Zeit gekostet. Und mit zwei Kameras arbeite ich im Tarnzelt
bei empfindlichen Arten eher ungerne, da ich für zwei Kameras entweder eine größere Luke am Zelt verwenden müsste, oder
aber die Kamera während des Fotografierens tauschen müsste. Beides wäre mir zu störungsintensiv. Das Zoom war hier also wiede genau richtig.
Und da das Zoom wunderbar leichtgängig ist, lässt sich die Brennweite auch blitzschnell perfekt einstellen.
Die Länge des Tamron ist mit ca. 35cm bei 150mm und aufgesetzter Sonnenblende noch relativ kurz. Bei 600mm erhöht sich die
Länge mit aufgesetzter Sonnenblende allerdings schon auf knapp 44cm. Dennoch stört dies in der Praxis kaum, da das
Tamron ein relativ geringes Gewicht hat.
Qualität
Das Tamron 150-600 wirkt qualitativ sehr hochwertig. Fokus und Zoomring sind leichtgängig. Der Fokusring könnte für meinem
Geschmack noch etwas feiner abgestuft sein. Nur allzu schnell ist man über den optimalen Fokus hinaus. Da ich mich aber
in der
Vogelfotografie
meist auf den Autofokus verlasse, stört es mich hier nicht allzu sehr.
Wie alle Zooms mit großem Auszug wirkt auch das Tamron ein bisschen wie eine Luftpumpe. Leider musste ich feststellen, dass schon
nach wenigen Stunden ein kleiner Fussel auf der Inneneite der Frontlinse zu finden war. Nach häufigem Gebrauch wird es sicherlich mehr, aber
das Problem besteht beispielsweise auch beim
Canon
EF 100-400 und anderen Zooms.
Fazit
Das Tamron 150-600 bringt eine gute Leistung, bis ungefähr 500mm selbst schon bei
Offenblende
, darüber hinaus sollte man etwas
abblenden
.
Bei vollen 600mm sinkt die Auflösung zumindest bei meinem Exemplar deutlich, und
Abblenden
von 3 und mehr Blendenstufen steigert die
Bildqualität aber merklich. Etwas
abgeblendet
reicht die Bildqualität bis ca 500mm sogar an die von meinen lichstarken
Festbrennweiten heran und ist absolut beeindruckend.
Bis 500mm und leicht abgeblendet
ist die Detailauflösung meines Tamron 150-600mm enorm,
wie bei diesem Buchfinken
, welcher bei 500mm mit Blende
8 aufgenommen wurde. Jedes
kleinste Federchen ist zu erkennen. Zwischen 500 und 600mm knickt das Tamron (zumindest meins) deutlich ein und ist bei 600mm
nicht mehr wirklich offenblendtauglich.
Leider gab es bei mir einige Probleme mit Fokus an der
Nikon D5500
. Ich
denke aber, dass das Problem hier eher an der Kamera als am
Objektiv
zu suchen ist. Es gibt derzeit übrigens einige ähnliche
Objektive
am Markt. Das
Tamron SP 150-600mm DI VC USD ist mit einem Preis von
knapp 1000.- EUR
aber mit Abstand der Preis-Leistungs Sieger. Alternativ hat Sigma das neue
Sigma 150-600
DG OS HSM für knapp
2000.- EUR
mit
Nikon
Anschluss
im Handel. Das ist in etwa doppelt soviel Geld, bei einer ähnlichen Leistung. Wie sich das Sigma optisch schlägt, müsste ich noch testen. Technische Daten zum
Sigma 150-600 S auf der Sigma Website 
.
Das Tamron 150-600 ist somit vorerst noch ungeschlagen,
was Preis/Leistung angeht. Empfehlenswert !
Artikel erschienen am 15.04.2015