Im Frühjahr 2021 wurde die Canon EOS R3, eine Profikamera, welche das spiegellose Pendant zur 1er Serie der Spiegelreflexkameras darstellt, angekündigt. Seitdem ist nun
schon ein gutes halbes Jahr ins Land gegangen, und mittlerweile hat der eine oder andere
Fotograf schon ein Vorserienmodell in Händen gehabt. Auch sind schon einige Beispielbilder, welche mit der R3 entstanden sind, im Umlauf. Für Natur- und Sportfotografen dürfte die
Canon EOS R3 sehr interessant sein, denn sie wartet mit etlichen Features auf, die
das Fotografenleben um einiges leichter machen dürften. Ob die
Canon EOS R3 auch für mich eine Option wäre, dazu komme ich später. Kommen wir zunächst einmal zu den technischen
Details der Canon EOS R3, welche auch auf der
Canon Website zur EOS R3 eingesehen werden können.
Technische Daten zur Canon EOS R3
Die Canon EOS R3 ist eine professionelle Systemkamera mit R-Bajonett. Sie liefert Bilder im
Vollformat mit einer Auflösung von bis zu 24MP, dies entspricht Bilddateien mit den
Abmessungen von 6000x4000 Pixeln. Beim Bildsensor der R3 handelt es sich um einen gestackten CMOS Sensor, dessen einzelne Pixel nahezu gleichzeitig ausgelesen werden können, dies soll Rolling Shutter Effekte verhindern. Der am Sensor integrierte Bildstabilisator kann freihand bis zu 8 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. Im Serienbildmodus zeichnet
die Canon EOS R3 mit elektronischem Verschluss bis zu 30 Bilder in der Sekunde auf. Unter der Haube der R3 verarbeitet der DIGIC X Prozessor die anfallenden Datenmengen. Die
ISO-Empfindlichkeit der Kamera reicht von ISO100 bis ISO102400 (im erweiterten Modus sogar von ISO50 bis ISO204800). Die maximale Verschlussgeschwindigkeit beträgt mit
mechanischem Verschluss 1/8000s und mit elektronischem Verschluss 1/64000s. Für Belichtungszeiten länger als 30 Sekunden bietet die Kamera einen Bulb-Modus. Der elektronische Sucher löst mit knapp 5,8 MP sehr hoch auf, das neig- und drehbare rückwertige Touch-Display mit 4,1 MP ebenfalls. Der AF der
Canon EOS R3 ist vielfältig konfigurierbar und kann sowohl menschliche Gesichter als auch viele Tiere erkennen, unter anderem auch
Vögel. Mit der Augenerkennung kann die Kamera dann gezielt auf die Augen der erkannten Motive fokussieren. Aber auch Rennmotorräder oder Rennwagen können von der Kamera erkannt und verfolgt werden. Der AF der R3 lässt sich auf Wunsch auch direkt über das Auge
des Fotografen steuern (Eye Control AF), die Kamera erkennt dann anhand der Blickrichtung durch den Sucher das zu fokussierende Motiv. Der Arbeitsbereich des Autofokus erstreckt sich von LW -7,5 bis LW 20, es sind 4.779 AF-Positionen manuell auswählbar. Fokussiert wird direkt über den Sensor mittels
Dual Pixel CMOS AF II, es handelt sich dabei um einen Phasenvergleichs-Autofokus.
Die Belichtungsmessung findet in Echtzeit über den Bildsensor in 384 Zonen statt. Hierbei gibt es mehrere Einstellmöglichkeiten, unter anderem die Mehrfeldmessung, welche mit jedem beliebigen Messfeld verknüpfbar ist, die Selektivmessung (Suchermitte, 5,9 %), Spotmessung (2,9 % des zentralen Suchfeldes) und die mittenbetonte Integralmessung. Einen integrierten Blitz hat die Canon EOS R3 nicht.
Die R3 hat 2 Speicherkarten-Slots jeweils 1 x CFexpress Typ B und 1 x SD/SDHC/SDXC und UHS-II.
Die Abmessungen der Kamera betragen 150 x 142,6 x 87,2 mm (BxHxT) bei einem Gewicht von 832 g ohne Akku und Speicherkarte
Der Autofokus der Canon EOS R3
Canon kann Autofokus, wenn ich das gleich am Anfang einmal erwähnen darf. Schon mit den beiden Kameras
Canon EOS R5 und
Canon EOS R6 hat
Canon dies eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Mit der
Canon EOS R5 arbeite ich jetzt selber schon seit ca. einem 3/4 Jahr, und der AF begeistert mich immer wieder aufs Neue. Für mich als Naturfotograf ist insbesondere der Tieraugen-AF eine enorme Erleichterung, kann ich mich jetzt endlich auf das Motiv und die Bildgestaltung konzentrieren, anstatt andauernd darum bemüht zu sein, das AF-Feld manuell exakt auf das Auge des Motivs zu bewegen.
Canons Tieraugen-AF arbeitet schnell und sehr präzise. Dieser Alpenstrandläufer huschte unentwegt am Strand auf und ab. Am Boden liegend und fotografierend hätte ich mir bei einer manuellen Wahl des AF-Feldes wohl sämtliche Gelenke in Arm und Finger verrenkt, und wahrscheinlich wäre kein einziges Bild brauchbar gewesen. So brauchte ich nur liegen, verfolgen und abdrücken.
Bei der EOS R3 hat
Canon jetzt noch einen draufgelegt. Das AF-Feld lässt sich nun auch mittels Auge des Fotografen steuern. Eye Control AF nennt
Canon diese Funktion. Die Kamera wertet jetzt aus, worauf der
Fotograf beim Blick durch den Sucher schaut. Erkennt die Kamera das vom Fotografen anvisierte Motiv als Tier oder Mensch, wird zusätzlich auch der
Tier- bzw. Menschenaugen-AF aktiv, und die Kamera fokussiert exakt auf das Auge des Motivs. Vor wenigen Jahren wäre so etwas noch nicht einmal annähernd denkbar gewesen. Als
Fotograf konzentriert man sich jetzt nur noch auf die Bildgestaltung. Der Ausschuss von fehlfokussierten Bildern wird deutlich weniger und damit wahrscheinlich der
Bildermarkt bald mit Top-Naturfotos überschwemmt, um dem Ganzen auch mal etwas Negatives abzugewinnen. Nein, jetzt einmal Spaß beiseite. In erster Linie gehört zur Entstehung eines guten Naturfotos natürlich auch das Wissen um die Tiere. Aber dennoch wird die Erstellung von guten Naturfotos jetzt deutlich einfacher. Schon jetzt ist zu verzeichnen, dass viele ambitionierte Hobbyfotografen bessere Fotos machen als manch berühmter professionelle
Fotograf vor 20 Jahren. Vor allem auch aufgrund der deutlichen verbesserten Technik.
Aber kommen wir zurück zum AF der R3. Neben der Erkennung von Mensch und Tier und auch deren Augen kann die R3 jetzt auch Rennmotorräder und Rennautos sowohl erkennen als auch
verfolgen. Der Autofokus wird dementsprechend nachgeführt. Dies hat schon mit der
R5 bei Mensch und Tier wunderbar funktioniert. Nun kommen auch die
Motorsportfotografen in den Genuss der künstlichen Intelligenz.
Canon liefert mit der R3 also einen Autofokus, von dem man als
Fotograf vor Jahren nur träumen konnte. Ich hoffe, dass so in nicht allzu ferner Zukunft einige dieser Features auch in den erschwinglicheren Mittelklasse-Kameras von
Canon zu finden sein werden.
Die Bildqualität der Canon EOS R3
Die Canon EOS R3 besitzt einen 24MP auflösenden gestackten CMOS-Sensor. 24 Megapixel sind für einen Vollformatsensor relativ wenig, die Pixeldichte ist dementsprechend gering. Somit dürften die Aufnahmen ein sehr guten Rauschverhalten auch bei höheren ISO-Empfindlichkeiten aufweisen. Dennoch hätte ich mir zumindest einen 30MP Sensor bei der R3 gewünscht, denn in der Naturfotografie kommt es häufiger vor, dass man als
Fotograf nicht nah genug an die Motive herankommt und somit später bei der
Bildbearbeitung entsprechend große Ausschnitte verwenden muss. Bei Bildgrößen von 6000x4000 ist der Spielraum für Ausschnitte recht klein, vor allem dann, wenn die Bilder später verkauft und großformatig gedruckt werden sollen. Für Sport- und Pressefotografen sollten die 24MP zwar allemal reichen, ich denke aber, viele Naturfotografen hätten sich hier mehr gewünscht und dafür vielleicht eine etwas geringere Serienbildgeschwindigkeit in Kauf genommen. Aber dies ist vielleicht auch nur meine Meinung.
Ansonsten scheint die Bildqualität wieder - wie von
Canon gewohnt - sehr gut zu sein. Beim Klicken durch 100e Aufnahmen von Pre-Production Modellen fällt insbesondere wieder die sehr schöne
Farbwiedergabe auf. Besonders Hauttöne werden canontypisch perfekt wiedergegeben. Wie gut der Sensor die von den
Objektiven gelieferten Bildinformationen tatsächlich auflösen kann, bleibt abzuwarten. Denn aussagekräftige RAW-Aufnahmen konnte ich bisher nicht begutachten. Da
Canon in der Regel Tiefpassfilter verbaut, ist die tatsächliche Auflösung in den Bildern meist
geringfügig kleiner als bei vergleichbaren Modellen anderer Hersteller, welche keine Tiefpassfilter verwenden. Dafür sind diese Bilder dann aber nahezu frei von Artfekaten wie Aliasing und Moire.
Beeindruckend scheint das Rauschverhalten - zumindest der JPEG Bilder - zu sein, denn Aufnahmen mit hohen ISO-Empfindlichkeiten bis zu
ISO 6400 zeigen so gut wie kein Bildrauschen, selbst bei
ISO 12800 ist kein störendes Bildrauschen erkennbar.
Bei Verwendung des elektronischen Verschlusses kann der neue gestackte Sensor seine Vorzüge voll ausspielen. Waren mit herkömmlichen Sensoren schnelle Bewegungen mit
elektronischem Verschluss kaum ohne Rolling-Shutter Effekte möglich, so gehört dies bei der R3 der Vergangenheit an. Somit sind jetzt auch lautlose Aufnahmen von
sich bewegenden Motiven, bspw.
Vögel im Flug, problemlos möglich.
Fokus Bracketing bzw. Fokus Stacking mit der Canon EOS R3
Die Canon EOS R3 bietet wie auch schon die
R5 und
R6 eine
Fokus-Bracketing Funktion. Die Kamera kann also automatische Bilderserien mit einem sich bei jeder Aufnahme leicht nach vorn
verlagernden Fokus aufnehmen. Dies ist oft in der
Landschaftsfotografie, besonders aber in der
Makrofotografie, nützlich, wenn die Motive von vorne bis hinten scharf erscheinen sollen, dies durch
Abblenden aber nicht erreichbar ist. Denn insbesondere bei großen Abbildungsmaßstäben ist die
Schärfentiefe nur minimal, so dass selbst ein
Abblenden den Schärfebereich nur noch geringfügig erweitern kann, leider aber für andere unerwünschte Effekte wie unruhige Hintergründe und Beugungsunschärfen sorgt.
Fokusstacks sind hier eine mögliche Lösung. Es werden mit Hilfe der
Fokus-Bracketing Funktion der Kamera (oder manuell mit Kabelauslöser und
Makroschlitten) mehrere Aufnahmen mit
verlagertem Fokus vom Motiv erstellt, bis jeder Bereich des Motivs auf mindestens einem Bild scharf erscheint. Diese Bildserie wird dann in einer Stacking-Software verrechnet. Das
Ergebnis ist im Idealfall ein von vorne bis hinten scharf erscheinendes Motiv.
Dieses Bild eines Langstieligen Knoblauchschwindlinges besteht aus 174 Einzelaufnahmen. Ziel war es, einen sehr weichen Vorder- und Hintergrund zu erhalten. Dies war nur mit Offenblende möglich. Da in diesem Fall nur der Bruchteil eines Millimeters auf dem Pilz scharf erscheinen würde, waren dementsprechend viele
Aufnahmen mit verlagertem Fokus nötig, um wirklich jeden Bereich des Pilzes auf einer der Aufnahmen in der Schärfebene zu haben. Verrechnet wurde das Bild dann mit Helicon Focus. Aufgrund der offenen Blende und den vielen Aufnahmen mussten zudem nachträglich noch viele Verrechnungsfehler beseitigt werden.
Die
Canon EOS R3 kann die Aufnahmen für den
Fokusstack erschütterungsfrei mit elektronischem Auslöser aufnehmen. Dadurch, dass sie einen gestackten CMOS Sensor hat, und somit kein Rolling Shutter Effekt auftritt, sind sogar
Stacks von leicht bewegten Motiven möglich. Bei der
Canon EOS RP, welche einen ausgeprägten Rolling Shutter aufweist, waren schon bei leichtem Wind kaum noch
Fokusstacks möglich, da die Stacking-Softwares nur sehr schwer mit Rolling Shutter Effekten zurechtkommen.
Bedienung und Haptik der Canon EOS R3
Die Bedienung der Canon EOS R3 ist für Canon-Fotografen denkbar einfach. In den aufgeräumten Menüs findet man sich schnell zurecht. Alle wichtigen Funktionen sind direkt über Buttons und Wahlräder zu erreichen, wenn nicht, können viele Tasten im Menü mit den gewünschten Funktionen belegt werden. Auch von der Haptik kann die R3 voll überzeugen, sie liegt sehr gut in der Hand. Auffallend ist das für eine Profikamera relativ geringe Gewicht von nur knapp über 1000g inklusive Akku. Der Sucher löst mit über 5 MP sehr hoch auf und zeigt so gut wie keine Verzögerungen. Besonders überzeugt der dreh- und schwenkbare Monitor, mit welchem auch aus ungünstigen Perspektiven sowohl im Quer- als auch im Hochformat fotografiert werden kann. Gerade bei Profikameras wurden bisher hauptsächlich nur neigbare Monitore verbaut, welche aber für viele Situationen im Fotografiealltag nicht
ausreichend flexibel sind. Hochformataufnahmen in Bodennähe waren hiermit beispielsweise nur sehr schwer möglich. Die R3 setzt mit ihrem dreh- und schwenkbaren Monitor hoffentlich
einen Trend in der Profiliga.
Fazit :
Die Canon EOS R3 ist eine Kamera für professionelle Fotografen. Sie trumpft mit einem gestackten Sensor ohne Rolling Shutter Effekte und Bildserien
von bis zu 30 Bildern pro Sekunde auf. Zusätzlich ist sie mit einem revolutionärem augengesteuerten Autofokus ausgestattet, welcher zudem Motive wie Sportfahrzeuge,
Vögel und
Menschen automatisch erkennen und verfolgen kann. Insbesondere für Sport- und Reportagefotografen dürfte die Kamera das Nonplusultra darstellen. Für viele Naturfotografen allerdings, welche
neben Tieren und
Pflanzen auch
Landschaften fotografieren, könnte die Auflösung von 24 MP bereits etwas zu gering sein.
Mit einem Preis von derzeit
5999,00 € ist die Canon EOS R3 zwar kein Schnäppchen, bietet dafür aber
die aktuellste Technik und eine Top-Performance, die ihresgleichen sucht.
Artikel erschienen am 15.10.2021