Mit der D780 brachte
Nikon Anfang 2020 eine neue vollformatige Spiegelreflexkamera auf den Markt, welche es in sich hat. Ganze 6 Jahre mussten
Fans des Vorgängers, der
Nikon D750, auf den Nachfolger warten. Nun ist er da und bringt eine sagenhafte Bildqualität, dies schon einmal vorweg.
Zudem hat die D780 hat Vieles von Ihrer spiegellosen Schwester, der
Nikon Z6, geerbt, so dass der
Fotograf mit der D780 eine Art Hybrid
aus Spiegelreflex und spiegelloser Systemkamera erhält. Die D780 liefert sozusagen die Vorzüge aus beiden Systemen. Kommen wir jetzt aber
erst einmal zu den technischen Daten, welche auch auf der
Nikon Website zur Nikon D780 eingesehen werden können.
Technische Daten zur Nikon D780
Ausgestattet ist die
Nikon D780 mit einem phasen-AF-tauglichen 25MP CMOS Sensor, somit kann die Kamera sowohl im Spiegelreflexbetrieb als auch im LiveView
extrem schnell und akkurat fokussieren. Im LiveView Modus bietet der Phasen-AF 273 Messfelder zur Fokussierung, welche nahezu den gesamten Bildbereich abdecken. Im Normalbetrieb
stehen dem Benutzer 51 AF-Felder zur Verfügung, darunter 15 Kreuzsensoren.
Wie bei allen neueren Spiegelreflex-und Systemkameras von
Nikon bietet auch die
Nikon D780 die Möglichkeit zur Fokus-Feinjustage. Hier kann der
Fotograf zu
Objektiven
mit Front- oder Backfokus einen Korrekturwert hinterlegen, welcher den Fehlfokus ausgleichen soll. Leider ist die diese Funktion sehr einfach gehalten, so dass
die Korrektur nicht gesondert für den Tele- und Weitwinkelbereich eines
Objektivs bzw. für den Nah- und Unendlichkeitsbereich des
Objektivs eingestellt werden kann.
Eine Fokus-Feinjustage kann im Übrigen sowohl im Spiegelreflex-Modus als auch im LiveView-Modus erfolgen.
Im Sucherbetrieb reicht die AF-Empfindlichkeit von - 3 bis + 19 LW und im LiveView von -5 bis + 19 LW. Zusätzlich bietet die
Nikon D780 einen
Spezialmodus für Situationen mit wenig Licht, in welchem die AF-Empfindlichkeit im LiveView nochmals auf -7 bis +19 LW erhöht werden kann.
Mit einem ISO-Bereich von ISO50 bis ISO204800 (im erweiterten Modus, im Standardmodus
ISO 50 bis
ISO 51200) deckt die Kamera einen relativ großen Bereich ab, welcher für die Bedürfnisse der meisten Fotografen völlig ausreichen dürfte.
Der Verschlusszeitenbereich der
Nikon D780 reicht von 30s bis zu 1/8000 Sekunde. Eine Besonderheit bietet die Kamera im M Modus (manuelle
Belichtung). Hier ist manuell
eine
Verschlusszeit von bis zu 90 Sekunden einzustellen. Die
Nikon D780 ist die mir einzige bekannte Kamera, die derart lange Belichtungszeiten per Direktwahl (ohne den Bulb-Modus) ermöglicht.
Mit einer Serienbildrate von 7 Bildern pro Sekunde und bis zu 3 Bildern pro Sekunde im LiveView spielt die Kamera nur im Mittelfeld, wenn man sie mit den Kameras
der Mitbewerber vergleicht. Da helfen auch die 8 Bilder pro Sekunde in der stillen Auslösung nicht weiter, welche bei einer Farbtiefe von 12-bit auf
12 Bilder pro Sekunde erhöht werden können.
Kommen wir jetzt aber zum Sucher. Der bietet eine 100% Bildfeldabdeckung, wie man es von einer Profikamera auch erwartet. Die Vergrößerung des Suchers liegt bei 0,7x und
über ein Dioptrien-Einstellrad lassen sich -3 bis +1 Dioptrien ausgleichen. Für mich persönlich reicht diese Einstellung leider nicht (+ 1,5 Diotprien wären nötig)).
Die
Nikon D780 besitzt einen Blitzschuh, so dass Aufsteckblitze verwendet werden können. Auf einen integrierten Blitz
verzichtet
Nikon bei der Kamera. Die schnellste Blitzsynchronzeit liegt bei 1/200s.
Als Profikamera hat die
Nikon D780 natürlich etwas größere Abmessungen (B 143,5mm x H 115,5mm x T 76mm), wie es von Profifotografen auch gewünscht ist. Das Gewicht
beträgt im betriebsbereiten Zustand mit Akku und Speicherkarte ca. 840g.
Der Autofokus der Nikon D780
Wie erwartet arbeitet der AF der
Nikon D780 extrem präzise. Das tat auch schon der AF der
Nikon D750. Als AF Modul verwendet
Nikon bei der
D780 das Advanced Multi-Cam 3500 II Modul - das gleiche wie auch in der D750. Nicht nur bei unbewegten Motiven, nein, auch bei Bewegtmotiven arbeitet der
AF ohne erkennbare Schwächen.
Der AF der Nikon D780 sitzt so gut wie immer. Dies gilt sowohl für statische als auch
für Bewegtmotive.
Im LiveView hingegen ist der Unterschied zum Vorgängermodell enorm. Während die D750 hier noch sehr hakelig und langsam war, ist bei der
Nikon
D780 im LiveView kaum ein Unterschied zum Sucherbetrieb zu erkennen. Nur bei Bewegtmotiven im Servo-AF ist der Fokus im
Sucherbetrieb doch etwas treffsicherer. Aber wie bereits anfangs erwähnt, mit der D780 hat man halt das Beste aus beiden System vereint.
Fokus-Bracketing Funktion
Die meisten Naturfotografen und hier insbesondere die Makrofotografen dürfte es freuen - die
Nikon D780 beherrscht Fokus-Braketing. Beim
Fokus-Bracketing
erstellt die Kamera Schärfereihen (ähnlich wie Belichtungsreiehen, nur mit leicht versetztem Fokus). Die Schärfereihen können später in Bildbearbeitungsprogrammen
zu Einzelbildern (
Fokusstacks) mit erweiterter
Schärfentiefe verrechnet werden. Besonders bei Extremmakros oder bei
Pilzen, welche weit ausladende Hüte haben,
bietet sich die Funktion an.
Nur durch Fokus-Bracketing waren hier alle Pilze scharf ins Bild zu bekommen. Die D780 bietet hierfür eine automatische Fokus-Bracketing Funktion, welche in der
Praxis gut funktioniert.
Aber auch in der
Landschaftsfotografie kann es sinnvoll sein,
Fokusstacks zu erstellen, wenn ein sehr großer Bereich, vom sehr nahen Vordergrund bis in den
Unendlichkeitsbereich scharf dargestellt werden soll. Wann immer es die Möglichkeit gibt, sollte man hier anstatt einer extrem kleinen
Blende lieber 2-3 Bilder mit mittlerer
Blende und verlagertem Fokus aufnehmen. Nur so können Beugungsunschärfen verhindert werden.
Im Vergleich zu den Mitbewerbern kann eine Bracketing-Reihe bei
Nikon nicht während der Aufnahmen unterbrochen werden, auch schon deshalb nicht, weil man während
der Aufnahmen keine Kontrolle über die aktuelle Fokusebene hat.
Canon hat dieses Problem an der
Canon EOS RP etwas besser gelöst. Hier
erscheint nach jedem Bild eine Vorschau, auf welcher man sehen kann, wo sich der Fokus gerade befindet. Es kann einfach per Tastendruck
abgebrochen werden, falls das gewünschte Ziel schon erreicht ist. Vielleicht bessert
Nikon hier ja noch mit einem Firmware-Update nach?!
Die Bildqualität der Nikon D780
Schon die D750 war für Ihre sehr gute Bildqualität bekannt. Die
Nikon D780 legt hier noch eine Schippe drauf. Besonders in Bezug auf die High-ISO-Performance ist die
Kamera nahezu unschlagbar. Auch wenn es hier nur um Nuancen zur bereits sehr guten D750 geht. Was die Farbwiedergabe anbelangt, so liefert die
Nikon D780
sehr gute Farben - nach meinem persönlichen Geschmack sogar um eine Nuance realistischer als es die
Nikon Z6 tut. Speziell in den Rottönen fallen mir hier
geringe Unterschiede auf.
Die D780 holt sogar aus mittelmäßigen Objektiven so einiges heraus. Dank Ihrer
geringen Auflösung (im Verglich zur D850 oder zur Nikon Z7), verlangt sie den verwendeten Objektiven eine nicht
ganz so hohe Leistung ab. Sogar das Tamron 150-600 G2 arbeitet perfekt mit der D780 zusammen, wie dieser
Ausschnitt beweist.
Die Auflösung von 25 Megapixeln reicht ebenfalls für fast alle Anwendungen. Ein großer Vorteil dieser im Vergleich zu vielen anderen
Vollformatkameras geringen Auflösung ist
nicht nur die bessere High-ISO-Performance, sondern auch die Genügsamkeit, was die Qualität der an Ihr verwendeten
Objektive anbelangt. Die D850 bspw. braucht
richtig gute
Objektive, damit die hohe Auflösung auch tatsächlich einen Vorteil bietet. Bei der
Nikon D780 wiederum wirken Bilder, welche mit mittelprächtigen
Optiken gemacht wurden, häufig schon in der 1:1 Ansicht rattenscharf. Auch bei der professionellen
Bildbearbeitung sind die Anforderungen an die Hardware durch die
kleineren Dateien deutlich geringer. Wer also nicht unbedingt 30 oder mehr Megapixel benötigt, ist mit der D780 in Sachen Bildqualität bestens bedient. Dies gilt sowohl für
die RAW-Dateien, welche einen sehr hohen Dynamikumfang bieten, als auch für die JPG-Dateien, die oft so gut aus der Kamera kommen, das man sich fragt, warum man zusätzlich auch
noch RAW-Dateien aufgenommen hat.
Haptik,Handling und Ausstattung der Nikon D780
Nikon weiß, wie man Kamerabodies baut. Wie alle professionellen Kamerabodies von
Nikon (aber auch von
Canon) liegt die
Nikon D780 perfekt in der Hand. Für langjährige Nikon-User
ist sie fast intuitiv bedienbar. Da der Auslöser sowie der Ein-/Aus-Schalter auf der rechten Seite liegen, ist sie zudem problemlos einhändig bedienbar. Auch der ISO-Button ist
jetzt im Gegensatz zur D750 auf die rechte Kameraschulter gewandert, so dass die
ISO-Empfindlichkeit, m.E. eine der wichtigsten und sehr häufig verwendeten Einstellungen, problemlos
und sehr schnell anzupassen ist, genau so, wie es ein professioneller
Fotograf erwartet. Was den Monitor angeht, so bin ich nicht so ganz glücklich. Warum wird bei den
Profi-Modellen kein frei dreh- und schwenkbarer Monitor verbaut, wie es bspw. bei der
Nikon D5500 der Fall ist. Hochformataufnahmen in Bodennähe oder über Kopf sind mit
der jetzigen Lösung (nach oben und unten schwenk- bzw. neigbar) nicht problemlos möglich. Gerade als leidenschaftlicher Makrofotograf hätte ich mir hier
eine komfortablere Lösung gewünscht.
Auch ein sensorbasierter Bildstabilisator wäre nett gewesen. Das
Nikon es kann, haben sie ja mit der
Nikon Z7 und der
Nikon Z6 bewiesen.
Ansonsten gibt es für mich an der
Nikon D780 in Sachen Bedienbarkeit nichts zu bemängeln.
Fazit
Mit der
Nikon D780 hat
Nikon eine Kamera der Spitzenklasse auf den Markt gebracht. Sie liefert eine Bildqualität, welche kaum zu überbieten ist, dies gilt sowohl für
RAW als auch für JPEG Aufnahmen. Auch bei schlechten Lichtbedingungen und hohen ISO-Empfindlichkeiten werden die Bildergebnisse
kaum schlechter. Der AF arbeitet nahezu perfekt, auch bei Bewegtmotiven trifft er sehr zuverlässig. In dieser Disziplin schlägt die
Nikon D780 sogar die
Nikon Z6. Im LiveView Modus arbeitet die Kamera fast wie eine spiegellose Systemkamera, so dass die D780 quasi die Vorteile beider Systeme in
einer Kamera vereint. Mit einem Preis von derzeit
1969.- EUR ist sie für eine Profi-DSLR zudem recht günstig.
Wer auf einen nahezu perfekten AF bei Bewegtmotiven und einen optischen Sucher verzichten kann, sollte sich auch unbedingt einmal die
Nikon Z6 anschauen. Eine spiegellose
Systemkamera von
Nikon mit nahezu identischer Bildqualität. Über die
Nikon Z6 wird in Kürze ebenfalls ein Bericht auf Naturfotografie-Digital erscheinen.
Artikel erschienen am 20.04.2019