Die
Nikon Z7 bietet dem begeisterten Makrofotografen endlich auch die Möglichkeit, automatische Schärfenreihen aufzunehmen,
um diese dann später in einem Fotostacking-Programm zusammenzufügen und somit ein Bild mit erweiteter
Schärfentiefe zu
erhalten. Die Funktion nennt sich im
Nikon Menue "Aufnahme mit Fokusverlagerung" und macht eigentlich nichts anderes, als eine
bestimmte Anzahl an Bilder mit leicht verlagerter
Schärfeebene aufzunehmen. Diese Schärfereihen lassen sich mittels
Bildbearbeitung dann zu einem Einzelbild zusammenrechnen. Vereinfacht gesagt, werden für das resultierende Bild
jeweils nur die schärfsten Bereiche aus den Einzelbildern verwendet. Verlagert man die Schärfe während der
Aufnahmen dann so, dass jeder Bereich des Motivs einmal in der Schärfe liegt, dann lässt sich aus den
Einzelbildern ein Bild berechnen, wo das Motiv auf allen Ebenen scharf ist. Besonders bei Makromotiven mit großen
Abbildungsmaßstäben und somit sehr geringer
Schärfentiefe bietet sich diese Methode an.
Nun hat also auch
Nikon diese Funtkion an den beiden spiegellosen
Vollformatkameras - Z6 und
Z7. Endlich. Denn diese Funktion
war längst überfällig. Andere Hersteller, wie bspw. Olympus, bieten diese Funktion schon lange in einigen Ihrer
Kameras an.
Nikon und
Canon Besitzer schauten bisher in die Röhre und mussten, um
Fokusstacking zu betreiben, die Schärfe zwischen
den Aufnahmen umständlich manuell über einen
Makroschlitten oder den Fokusring am
Objektiv verlagern oder aber die Kamera mittels Tablet und
Stacking-Programm fernsteuern.
Um einen Scharlachroten Kelchbecherling mit einer Vollformatkamera bildfüllend von vorne bis hinten scharf abzubilden,
kommt man um Fokusstacking (auch Fokus-Bracketing genannt) nicht herum. Diese Aufnahme wurde aus 176 Einzelbildern zusammengerechnet, welche
mit der Nikon Z7 und dem Sigma 150mm Macro bei Blende 5.0 fotografiert wurden. Für die Fokusverlagerung wurde die
automatische Stacking-Funktion der Nikon Z7 verwendet.
Und dies kann sehr zeitaufwändig sein, denn gerade wenn ein Motiv in einem großen Abbildungsmaßstab mit einer
Vollformatkamera fotografiert werden soll, ist die
Schärfentiefe oft so gering, dass 100te Aufnahmen benötigt werden, um jeden Bereich des Motivs einmal scharf ablichten zu können.
Ein Einzelbild aus der Schärfereihe mit 176 Bildern. Hier ist deutlich zu sehen, dass die Schärfentiefe
unglaublich gering ist (geschätzt in etwa 2-3mm).
Bei dem fotografierten
Scharlachroten Kelchbecherling hätte ich also 176 Einzelaufnahmen machen müssen. Ich hätte also nach jeder Aufnahme den
Makroschlitten um ca. 2mm weiterdrehen müssen und danach erneut auslösen müssen. Ich schätze mal so ca. 4 Sekunden hätte ich also pro Aufnahme benötigt.
Bei 176 Aufnahmen wären das dann ca. 10 Minuten für den
Stack. Und das bei einer relativ unbequemen Körperhaltung am Boden liegend oder hockend.
Aber das Problem gehört ja jetzt der Vergangenheit an - oder ?
Aufnahme mit Fokusverlagerung in der Nikon Z7 :
Voller Vorfreude auf enstpanntes Fotografieren habe ich mir also einen
Pilz gesucht (jetzt im Frühjahr gar nicht so einfach, einen zu finden), die
Nikon Z7 mit dem
150er Makro von Sigma auf meinem kleinen Holstativ davor aufgebaut und im Menue der Kamera die Funktion "Aufnahme mit Fokusverlagerung".
aufgerufen. Dort findet man dann Einstellungsmöglichkeiten wie Bildanzahl, Schrittweite der Fokusverlagerung, Intervall bis zur nächsten Aufnahme, Belichtungsmesswertspeicher
für 1.Aufnahme, Stille Auslösung und Speicherordner bei Start. Uuuups.... Ich hatte jetzt andere Menüpunkte
erwartet. Wie beispielsweise "Startpunkt der Schärfenreihe festlegen", "Endpunkt der Schärfenreihe festlegen". Das bedeutet wohl,
dass der Startpunkt der Fokusreihe an der Stelle sitzt, wo die Schärfe des
Objektives beim Start der Reihe liegt. Gut, also habe ich das
Menü erst einmal wieder verlassen, und den Fokus kurz vor den Kelchbecherling gesetzt.
Zurück ins Kameramenü und los gehts. Die Schrittweite einstellen. Stop. Woher soll ich denn wissen, welche Schrittweite ich benötige um
bei
Blende 5 die Schärfe bei den Bildern so zu verschieben, das nahtlos alles scharf wird. Die Schrittweite lässt sich zwar von
1 bis 10 einstellen, aber deutet 1 einen Millimeter und 10 einen Zentimeter. Kann es ja nicht, denn dann könnte ich die
Fokusverschiebung bei Aufnahmen mit kleinem Abbildungsmaßstab ja gar nicht gebrauchen. Und noch mehr Fragezeichen, die sich
da in meinem Hirn versammelten... Woher sollte ich denn jetzt wissen, wieviele Aufnahmen ich für meinen
Stack benötige.
Ich war also gezwungen, mich an die optimalen Parameter heranzutasten. Bei dem
Scharlachroten Kelchbecherling waren das 176 Bilder mit einer
Schrittweite von 3. Beim 4. Versuch hatte ich es dann in etwa heraus. Beim ersten Versuch hatte ich als Schrittweite 2 eingestellt und 50 Bilder
machen lassen. Die Schärfeverlagerung war so klein, das ich einmal gerade 5mm des
Pilzes scharf bekommen habe und das nach 50
Bildern. Mit einer Fokusverlagerung von 5 fehlten kleine Bereiche zwischen den einzelnen Aufnahmen, welche nicht genaz scharf waren. Also auch
nicht die Richtige Einstellung. Mit Schrittweite 4 kam es schon etwas besser hin, aber so ganz nahtlos waren die Übergänge auch noch nicht. Und
mit den jetzt 200 Bildern, die ich sicherheithalber eingestellt hatte, schoss ich weit über den
Pilz hinaus. Letztendlich war Schrittweite
3 die richtige Einstellung. Und 200 Bilder, von den die letzten 24 überflüssig waren, da die Schärfe dann schon über dem
Pilz hinaus war. Trotz 4 Versuchen war ich zwar immer noch schneller, als wenn ich den Fokus manuell verlagert hätte,
aber dafür war meine 64 GB Speicherkarte durch die ganzen Fehlaufnahmen so gut wie voll.
Die automatische Fokusverlagerung an der
Z7 ist zwar besser als keine solche Funktion, aber leider nicht viel besser. Bei jedem neuen
Motiv, bei jeder Änderung der
Blende, muss durch "try and error" die perfekte Einstellung gefunden werden. Und die riesigen Datenmengen
füllen bei jedem neuen Versuch die Speicherkarte mit Datenmüll.
Zwar habe ich die Bilder zu jeder einzelnen Fokusreihe von der Kamera automatisch in separate Ordner ablegen lassen, eine Funktion zum Löschen kompletter
Ordner habe ich im Wiedergabemenü aber nicht gefunden. Man muss also tatsächlich jedes einzelne Bild im enstprechenden
Ordner löschen, zumindest aber markieren um dann alle markierten Bilder zu löschen - was auch nicht deutlich schneller ist.
Das Löschen der Fehlaufnahmen benötigt dann letztendlich mehr Zeit als das eigentliche Fotografieren der Fokusreihen.
Es kann doch nicht sein, dass
Nikon keine Möglichkeit bietet, entsprechende Ordner zu löschen. Die Funktion
"Aufnmahme mit Fokusverlagerung" ist also noch ziemlich unsausgereift - zusammen mit der nicht vorhandenen Möglichkeit, ganze Ordner
zu löschen - eine Katastrophe.
Qualität der Stacks :
Die Qualität der
Stacks ist, wenn alle Einstellungen korrekt vorgenommen wurden, sehr gut. Selbstverständlich sind bei den meisten fertigen
Bildern Halos zu erkennen, insbesondere dann, wenn mit großer
Blendenöffnung fotografiert wird und sich die scharfen Bereiche nur wenig überlappen.
Dies ist völlig normal und kann nachträglich in der Bildretusche noch korrigiert werden. Es hat aber nichts mit der
Bildqualität der Kamera zu tun. Die Halobildung ist eher abhängig von der verwendeten
Blende, dem
Objektiv und der verwendeten
Methode den Fokus zu verlagern (Fokussieren am
Objektiv oder Verschieben der Kamera mittels
Makroschlitten).
Je nach Stacking Methode, Motiv oder Objektiv kommt es zu Halobildungen an
Überschneidungenskanten der schiedenen Fokusebenen. Meist können diese problemlos in Photoshop entfernt werden. Mit der
Qualität der Stacking-Funktion der Nikon Z7 haben diese Halos nichts zu tun. Sie wären bei gleichen
Vorraussetzungen und gleichem Objektiv bei anderen Kameras genau so entstanden.
Die Fokusverlagerungen hat die
Nikon Z7 sauber vorgenommen, es gab keine Lücken mit fehlendem Fokus. Durch die Option "Stille Aufnahme"
sind die Einzelbilder knackscharf, da es zu keinerlei Schwingungen durch den mechanischen Verschluss kommen kann.
Probleme mit Fremdobjektiven :
Bei meinem 150er Sigma
Makro kam es während der Fokusreihe leider des Öfteren zu Problemen. Die Fokusreihe wurde dann plötzlich nach wenigen Aufnahmen
abgebrochen und nicht bis zum Schluss ausgeführt. Mit meinen Original
Nikon Objektiven traten solche Probleme nicht auf.
Das Problem mit dem
Sigma 150mm Makro konnte ich dadurch lösen, dass ich in die Option "Intervall bis nächste Aufnahme" auf 1 Sekunde gesetzt habe.
Fazit :
Ja, was gibt es da zu sagen.
Nikon hat Wunsch vieler Makrofotografen erhört, und eine Stacking-Funktion in die Kamera integriert. Allerdings
so einfach gehalten, dass diese nur sehr geringfügig eine Hilfe ist. Vielleicht werden in kommenden Firmware
Updates ja weitere
Funtkionen, wie Fokusendpunkt und Startpunkt hinzugefügt. Auch eine eine Löschfunktion für komplette Ordner wäre klasse. Denn beim
Stacken kommt es häufiger vor, das wechselnde Lichtbedingungen oder Wind ganze Reihen unbrauchbar machen.
So, wie die
Stacking Funktion bisher implementiert ist, ist sie jedenfalls nur bedingt hilfreich. Bei einer Kamera dieser Preisklasse
hatte ich deutlich mehr erwartet.
Artikel erschienen am 20.03.2019